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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Duns Scotus, Johannes: Autorisierte Mitschrift der Pariser Vorlesung Buch I, 38. Distinktion, nr. 37

Original:

Johannes Duns Scotus über Intellekt und Wille in Gott
[1] Omnis actus intellectus qui in deo praecedit actum voluntatis est mere naturalis et non formaliter liber, et per consequens quicquid intelligitur ante omnem actum voluntatis est mere naturale. [...]
[2] Et ideo intellectus divinus de talibus terminis tantum habet cognitionem neutram ante actum voluntatis, sicut intellectus meus est neuter de ista complexione ,an astra sint paria vel imparia‘. Offerente autem intellectu huiusmodi complexiones voluntati, potest voluntas libere eligere unionem istorum terminorum vel non eligere [...].
[3] Et in eodem instanti quo voluntas divina vult Petrum et beatitudinem coniungi, est haec primo vera, et non ante Petrus beatificabitur.

Quelle: Duns Scotus, Johannes: Autorisierte Mitschrift der Pariser Vorlesung /Reportatio Parisiensis examinata (rep. Par.) Buch I, 38. Distinktion, nr. 37.
Edition: N.N.

Auslegung:

Für Scotus’ Beschreibung des Verhältnisses von Willen und Vernunft ist zu beachten, dass das Schlussfolgern des Intellekts für ihn etwas Naturhaftes ist, weswegen der Wille Gottes nicht selbst in einem Denken bestehen kann. (VL Gott und die Welt )

Themen:

  • Gott
  • Intellekt
  • Wille
  • göttlicher Wille
  • Freiheit
  • Gott und die Welt

[1] Jeder Akt des Intellekts, der in Gott einem Willensakt vorausgeht, ist rein naturhaft und formal nicht frei. Infolgedessen ist alles, was vor jedwedem Willensakt gedacht wird, rein naturhaft.[...]
[2] Deshalb kommt dem göttlichen Intellekt vor dem Willensakt von solchen Termini lediglich eine neutrale Erkenntnis zu, gerade so, wie mein Intellekt neutral zu dem komplexen Sachverhalt steht, ob die Anzahl der Sterne gerade oder ungerade ist. Wenn nun der Intellekt dem Willen derartige komplexe Sachverhalte darbietet, dann kann der Wille das Zusammenstellen dieser Termini frei wählen oder nicht wählen. [...]
[3] Und erst in genau dem Augenblick, da der göttliche Wille ,Petrus‘ und ,Glückseligkeit‘ verbinden will, ist dieser Satz wahr, und folglich kann Petrus vorher die Glückseligkeit nicht erlangen.

Übersetzer: J. Söder, leicht geändert