Platon: Gorgias (Gorgias) 524d-525a. 526bc
Ein platonischer JenseitsmythosGut sichtbar ist alles an der Seele, wenn sie vom Leibe entkleidet ist, sowohl was ihr von Natur eignete als auch die Veränderungen, welche der Mensch durch sein Bestreben um dies und jenes Ding hatte. Wenn sie nun vor den Richter kommen, und zwar die aus Asien vor den Rhadamanthys, so stellt Rhadamanthys sie vor sich hin und beschaut die Seele eines jeden. ohne zu wissen, wessen Seele es ist, aber oft [...] findet er nichts Gesundes an der Seele, sondern durchgepeitscht findet er sie und voller Schwielen von Meineid und Ungerechtigkeit, all das, was jede einzelne Handlung dieses Menschen der Seele aufgeprägt hat. [...] Wenn also dieser Rhadamanthys so jemanden ergriffen hat, so weiß er weiter gar nichts von ihm, weder wer noch aus welchem Geschlecht er ist, sondern nur, dass er böse ist. Und sowie er dies gesehen hat, schickt er ihn nach dem Tartaros und gibt an, ob er ihn für heilbar oder ob er ihn für unheilbar hält, worauf dann jener nach seiner Ankunft das Gebührende leiden muss. Erblickt er aber bisweilen eine andere Seele, die würdig und mit Wahrheit gelebt hat, eines für sich lebenden Mannes oder sonst eines, der das Seinige getan hat, [...] so freut er sich und sendet sie zu den Inseln der Seligen.