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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

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Platon: Gorgias (Gorgias) 524d-525a. 526bc

Ein platonischer Jenseitsmythos:
Gut sichtbar ist alles an der Seele, wenn sie vom Leibe entkleidet ist, sowohl was ihr von Natur eignete als auch die Veränderungen, welche der Mensch durch sein Bestreben um dies und jenes Ding hatte. Wenn sie nun vor den Richter kommen, und zwar die aus Asien vor den Rhadamanthys, so stellt Rhadamanthys sie vor sich hin und beschaut die Seele eines jeden. ohne zu wissen, wessen Seele es ist, aber oft [...] findet er nichts Gesundes an der Seele, sondern durchgepeitscht findet er sie und voller Schwielen von Meineid und Ungerechtigkeit, all das, was jede einzelne Handlung dieses Menschen der Seele aufgeprägt hat. [...] Wenn also dieser Rhadamanthys so jemanden ergriffen hat, so weiß er weiter gar nichts von ihm, weder wer noch aus welchem Geschlecht er ist, sondern nur, dass er böse ist. Und sowie er dies gesehen hat, schickt er ihn nach dem Tartaros und gibt an, ob er ihn für heilbar oder ob er ihn für unheilbar hält, worauf dann jener nach seiner Ankunft das Gebührende leiden muss. Erblickt er aber bisweilen eine andere Seele, die würdig und mit Wahrheit gelebt hat, eines für sich lebenden Mannes oder sonst eines, der das Seinige getan hat, [...] so freut er sich und sendet sie zu den Inseln der Seligen.

Platon: Phaidros (Phaedrus) 275a-b

Platon macht sich Gedanken über den Sinn von Schriftlichkeit:
Sokrates [gibt Aussagen des ägyptischen Gottes Thamus über die Schrift wieder]: "Diese Erfindung wird den Seelen der Lernenden Vergessenheit einflößen aus Vernachlässigung des Gedächtnisses, weil sie im Vertrauen auf die Schrift sich nur von außen vermittels fremder Zeichen, nicht aber innerlich sich selbst und unmittelbar erinnern werden. [...] Und von der Weisheit bringst du deinen Lehrlingen nur den Schein bei, nicht die Sache selbst. Denn indem sie nun vieles gehört haben ohne Unterricht, werden sie sich auch vielwissend zu sein dünken, obwohl sie doch größtenteils unwissend sind".
Phaidros: O Sokrates, leicht erdichtest Du uns ägyptische und was sonst für ausländische Reden Du willst.

Platon: Briefe (Epistulae) 7, 324b-325d

Platon berichtet über seine ersten Erfahrungen mit der Politik:
Damals, als ich jung war, ging es mir ebenso wie vielen: Ich glaubte, sobald ich mein eigener Herr wäre, sogleich zur Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten mich anzuschicken. [...] Es fand nämlich, da unsere Staatsverfassung dem Tadel vieler unterlag, eine Umgestaltung derselben statt, und [...] dreißig bestimmte sie zu unumschränkten Oberherren des ganzen Staats. Nun traf es sich, dass von diesen mir einige verwandt oder bekannt waren; diese forderten mich alsbald auf, an den Staatsgeschäften als etwas mir Zukommendem mich zu beteiligen. [...] Ich glaubte nämlich, sie würden den Staat irgendwie so verwalten, dass sie aus einem Zustand der Ungerechtigkeit zu einer gerechten Lebensweise ihn hinführten [...]. Doch als ich sehen musste, wie diese Männer in kurzer Zeit die vorherige Verfassung noch als Gold erscheinen ließen, unter anderem einen mir befreundeten älteren Mann, den Sokrates, den ich fast unbedenklich für den gerechtesten seiner Zeit erklären möchte, zusammen mit anderen ausschicken, einen Mitbürger gewaltsam zur Hinrichtung zu holen, damit er denn bei ihrem Tun sich beteiligte, ob er wollte oder nicht (doch er gab ihnen kein Gehör und setze sich lieber der äußersten Gefahr aus, als dass er an ihrem frevelhaften Treiben teilnahm); – [...], da erfüllte es mich mit Unwillen, und ich selbst zog mich von dem damaligen schlechten Regimente zurück.
Nach nicht langer Zeit wurden die dreißig gestürzt, und mit ihnen die ganze damalige Verfassung. [...] Unglücklicherweise zogen einige [neue] Gewalthaber wieder unsern schon erwähnten Freund, den Sokrates, vor Gericht und erhoben eine äußerst ruchlose Anklage gegen ihn, die am allerwenigsten für Sokrates angemessen war. Wegen Gottlosigkeit nämlich klagten ihn einige an, andere stimmten ihn für schuldig und ließen ihn hinrichten, ihn, der damals an der verbrecherischen Entführung eines der verbannten Freunde nicht hatte teilnehmen wollen, als es ihnen selbst in der Verbannung schlecht ging. Als ich mir dies nun anschaute: die, die Politik trieben, die Gesetze und Sitten, desto schwieriger kam es mir vor – je mehr ich das durchschaute und zugleich an Alter zunahm –, eine Staat richtig zu verwalten.

Platon: Phaidon (Phaedo) 61d-e

Platon reflektiert den Sinn von Mythen:
Nun ziemt es sich ja vielleicht am besten, dass der, der dorthin übersiedeln soll, über die Übersiedlung nachdenkt und in Mythen darüber spricht, wie wir sie zu sein annehmen. Was soll jemand auch sonst in der Zeit bis zum Sonnenuntergang tun?

Platon: Phaidros (Phaedrus) 277e-278b

Platon über den geschriebenen Logos:
Sokrates: Wer aber glaubt, dass im geschriebenen Logos über jede Sache vieles notwendig nur Spiel sein muss […], aber dass in der Tat auch die besten unter ihnen nur zur Erinnerung gedient haben für den schon Unterrichteten; und wer weiterhin glaubt, dass nur in den Logoi, welche gelehrt und des Lernens wegen gesprochen oder wirklich in die Seele hineingeschrieben worden, vom Gerechten, Schönen und Guten, in diesen allein weiß, dass etwas wirksames sei und vollkommenes und der Anstrengung würdiges; […] und wer schließlich alle anderen gehen lässt – dieser so geartete Mensch, o Phaidros, scheint so zu sein, wie ich und Du wünschten, dass ich und du sein möchten. Sokrates: Wer aber glaubt, dass im geschriebenen Logos über jede Sache notwendigerweise viel Spiel enthalten sei […], aber dass tatsächlich die Besten von ihnen als Gedächtnishilfe für Wissende entstanden sind; und wer weiterhin glaubt, dass nur in den Logoi, die der Lehre dienen und des Lernens wegen gehalten wurden und tatsächlich in der Seele über gerechte, schöne und gute Dinge geschrieben stehen, Klarheit, Vollkommenheit und etwas der Mühe Wertes enthalten sind; […] und wer schließlich die übrigen beiseite lässt – dieser so geartete Mensch, o Phaidros, scheint so zu sein, wie ich und Du beten möchten, dass wir beide so werden.

Platon: Menon (Meno) 80d

Das Menon-Paradox – ein methodisches Schlüsselproblem der Philosophie:
Menon: Auf welche Weise wirst du nun das suchen, Sokrates, wovon du überhaupt nicht weißt, was es ist? Als welches der Dinge, die du nicht weißt, wirst du es dir denn vorlegen und suchen? Zudem: Wenn du es auch noch so gut triffst, wie wirst du wissen, dass es dasjenige ist, was du nicht wusstest?

Platon: Phaidon (Phaedo) 72e

Eine klassische Formulierung der Anamnesis- (Wiedererinnerungs-)Lehre
Sokrates: Unser Lernen ist nichts anderes als Wiedererinnerung, und auch hiernach müssen wir in einer früheren Zeit gelernt haben, wessen wir uns jetzt erinnern. Das ist aber unmöglich, wenn unsere Seele nicht schon war, ehe sie in unsere menschliche Gestalt kam.

Platon: Phaidon (Phaedo) 75b

Platon nähert sich der Ideenlehre an über den Strukturbegriff ,gleich‘
Sokrates: Ehe wir also anfangen zu sehen oder zu hören oder die anderen Sinne zu gebrauchen, mussten wir schon irgendwoher die Erkenntnis bekommen haben des Gleichen, was es ist, wenn wir doch das Gleiche in den Wahrnehmungen so auf jenes beziehen sollten, dass dergleichen alles zwar strebt zu sein wie jenes, aber doch immer schlechter ist.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VI, 509b

Das Ergebnis von Platons Sonnengleichnis
Sokrates: Ebenso nun sage auch, dass dem Erkennbaren nicht nur das Erkanntwerden von dem Guten komme, sondern auch das das Sein und Wesen habe es von ihm, da doch das Gute selbst nicht das Sein ist, sondern noch über das Sein an Würde und Kraft hinausragt.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 202a

Platon reflektiert die wahre Meinung als eine mögliche Lösung für das Menon-Paradox
Seherin Diotima: "Hast du nicht gemerkt, dass es etwas in der Mitte zwischen Weisheit und Unverstand gibt?"
Sokrates: "Was wäre das?"
Seherin Diotima: "Wenn man das Richtige meint, ohne jedoch einen Grund (logon) dafür angeben zu können, weißt du nicht […], dass das weder Wissen ist – denn wie soll eine Tatsache ohne Grund (alogon pragma) ein Wissen sein – noch auch Unbelehrtheit – denn da sie die Realität trifft, wie soll sie Unverstand sein? Also ist offenbar die richtige Meinung so etwas, in der Mitte zwischen Klugheit und Unverstand."

Platon: Phaidon (Phaedo) 75cd

Die Ausweitung von Platons Ideenlehre auf weitere Strukturbegriffe
Sokrates: Und es ist uns ja jetzt nicht mehr von dem Gleichen die Rede als auch von dem Schönen selbst und dem Guten selbst und dem Rechten und Frommen und, wie ich sage, von allem, was wir bezeichnen als ,dies selbst, was es ist‘ in unseren Fragen, wenn wir fragen, und in unseren Antworten, wenn wir antworten.

Platon: Phaidon (Phaedo) 101bc

Platon begründet die Stellung der Ideen als universale Ursachen
Sokrates: Wenn eines zu einem anderen hinzugefügt wurde […], würdest du dich nicht hüten zu behaupten, dass die Hinzufügung Ursache für des Zwei-Seins sei? Würdest du nicht vielmehr laut rufen, dass du keine andere Weise der Entstehung von etwas Einzelnem kennst als die Teilhabe jedes Einzelnen an seinem eigenen Wesen, an dem es teilhat? Kannst du nicht folglich in diesen Dingen keine andere Ursache für die Entstehung des Zwei-Seins angeben als nur die Teilhabe an der Zweiheit?

Platon: Theaitetos (Theaetetus) 176ab

Das Ähnlich-Werden mit Gott als Ziel der platonischen Philosophie:
Sokrates: Deswegen ist es nötig, so schnell wie möglich von hier nach dort zu fliehen. Die Flucht ist aber das Ähnlichwerden mit Gott, soweit es möglich ist. Ähnlichwerden besteht aber darin, mit Klugheit gerecht und würdig zu werden. [...] Gott ist niemals auf irgendeine Weise ungerecht, sondern so gerecht wie nur irgend möglich, und nichts ist ihm ähnlicher als jemand von uns, der so gerecht wird wie möglich.

Platon: Theaitetos (Theaetetus) 176b

Die Definition des vorbildlichen Gottes als sittlich gut:
Sokrates: Gott ist niemals auf irgendeine Weise ungerecht, sondern so gerecht wie nur irgend möglich, und nichts ist ihm ähnlicher als jemand von uns, der so gerecht wird wie möglich.

Platon: Gorgias (Gorgias) 493a

Platon über den Körper als Grab für die Seele:
Sokrates: Vielleicht sind wir auch in Wirklichkeit gestorben. Das habe ich auch schon von einem der Weisen gehört, dass wir jetzt gestorben sind und dass unser Körper für uns ein Grab ist, dass aber der Teil der Seele, in dem sich die Begierden befinden, wie ein Herauf-Überzeugt-Werden und ein Zurückfallen von oben nach unten ist.

Platon: Phaidros (Phaedrus) 246a-b

Das Wagenlenker-Gleichnis für die menschliche Seele:
Sokrates: Die Seele gleiche der zusammengewachsenen Kraft eines gefiederten Gespanns und eines Wagenlenkers. Die Pferde und Wagenlenker der Götter sind nun alle selbst gut und von guter Abkunft, bei den anderen aber vermischt. Und bei uns steuert zuerst der Lenker das Gespann. Sodann ist bei ihm eines der Pferde schön und gut und von ebensolcher Abkunft, das andere aber von entgegengesetzter Abkunft und Beschaffenheit. Schwierig und mühsam ist daher notwendigerweise bei uns die Lenkung.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 189e-190a

Der Komödiendichter Aristophanes erklärt in Platons Symposion narrativ die Unvollkommenheit des Menschen:
Aristophanes: Die ganze Gestalt eines Menschen war rund, so dass Rücken und Brust im Kreise herumgingen. Und vier Hände hatte jeder und ebenso viele Schenkel wie Hände und zwei Gesichter auf einem kreisrunden Hals, einander genau gleich, und einen gemeinschaftlichen Kopf für beide einander gegenüberstehenden Gesichter und vier Ohren, auch zweifache Schamteile und alles übrige, wie es sich hieraus ein jeder weiter ausbilden kann.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 204a-b

Die Seherin Diotima klärt Sokrates auf, dass Liebe (ἔρως) das ideale Bild für den Philosophen ist:
Diotima: Kein Gott philosophiert oder begehrt, weise zu werden, er ist es ja, noch auch, wenn sonst jemand weise ist, philosophiert dieser. Ebensowenig philosophieren auch die Unverständigen oder streben, weise zu werden. Denn das ist eben das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und vernünftig zu sein, doch sich selbst ganz genug zu sein dünkt. [...]
Sokrates: Wer also, Diotima, sprach ich, sind denn die Philosophierenden, wenn es weder die Weisen sind noch die Unverständigen?
Diotima: Das muss ja schon, sagte sie, jedem Kinde deutlich sein, dass es die zwischen beiden sind, zu denen auch Eros gehören wird. Denn die Weisheit gehört zu den Schönsten, und Eros ist Liebe zum Schönen; so dass Eros notwendig philosophisch ist und als philosophischer zwischen den Weisen und den Unverständigen in der Mitte steht.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 204e-205a

Diotima erklärt das Gute als das der Glückseligkeit Zuträgliche:
Sprich, Sokrates, wer das Gute liebt, was liebt der?
Dass es ihm zuteil werde, sagte ich.
Und was wird folglich der werden, dem das Gute zuteil wird?
Das kann ich leichter beantworten, sagte ich, er wird glückselig werden.
Durch den Besitz des Guten, sagte sie, sind die Glückseligen glückselig. Und hier bedarf es keiner weiteren Frage mehr, weshalb doch der glückselig sein will, der es will, sondern die Antwort scheint vollendet zu sein.

Platon: Das Gastmahl / Symposion (convivium) 210c-e

Diotimas Schilderung des mystischen Aufstiegs:
Diotima: Nach den Unternehmungen aber muss er weiter zu den Arten des Wissens gehen, damit er auch die Schönheit der Arten des Wissens schaut und, in Anbetracht des Blicks auf vielerlei Schönes, nicht mehr nur auf eines […], viele schöne und prachtvolle Reden und Gedanken in einer unermesslichen Philosophie erzeugt, bis er, hierin gestärkt und gewachsen, ein einziges solches Wissen erblickt, das sich auf ein Schönes der folgenden Art bezieht.
Hier aber, sprach Diotima, bemühe dich möglichst stark auf mich zu achten: Wer nämlich bis hierhin zu den Objekten der Liebe hin erzogen wurde, dass er das einzelne Schöne der Reihe nach und richtig schaut sowie zum höchsten Objekt der Liebe geht, der schaut ganz plötzlich ein Schönes von einer wunderbaren Natur, genau dasjenige, Sokrates, auf das alle vorherigen Mühen abzielten.