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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Mirandola, Giovanni Pico della: Die Würde des Menschen Anfang, 131r

Original:

Giovanni Pico della Mirandola entwirft, auf Grundlagen aus Spätantike und Mittelalter, ein Menschenbild aus der Perspektive der Renaissance
[1] Legi, Patres colendissimi, in Arabum monumentis, interrogatum Abdalam Sarracenum, quid in hac quasi mundana scaena admirandum maxime spectaretur, nihil spectari homine admirabilius respondisse. Cui sententiae illud Mercurii adstipulatur: ,Magnum, o Asclepi, miraculum est homo‘. […]
[2] Cur enim non ipsos angelos et beatissimos caeli choros magis admiremur? Tandem intellexisse mihi sum visus, cur felicissimum, proinde dignum omni admiratione animal sit homo, et quae sit demum illa conditio quam in universi serie sortitus sit, non brutis modo, sed astris, sed ultramundanis mentibus invidiosam.

Quelle: Mirandola, Giovanni Pico della: Die Würde des Menschen /De dignitate hominis Anfang, 131r.
Edition: N.N.

Auslegung:

Der Mensch als das, was in der Welt am meisten zu bewundern ist, rückt ins Zentrum.
- Betonung der herausragenden Stellung des Menschen, der mit Göttern und Engeln verglichen wird
- Pico integriert hierzu vorgeblich orientalische und griechische Traditionen, aber auch die Lehren von Philosophen und Kirchenvätern
- es entsteht der Eindruck einer allgemein menschlichen, nicht an einen kulturellen Kontext gebundenen Aussage

Themen:

  • Mensch
  • Freiheit
  • Mittelalterliche Philosophie

[1] Ehrwürdige Väter! In den Schriften der Araber habe ich gelesen, der Sarrazene Abdallah habe auf die Frage, was auf dieser „Bühne der Welt“ am meisten zu bewundern sei, geantwortet, dass nichts bewundernswerter erscheine als der Mensch. Zu dieser Aussage stimmt das Wort des Hermes Trismegistos: "Ein großes Wunder, o Asklepios, ist der Mensch." […]
[2] Warum sollen wir nicht die Engel selbst und die seligsten Chöre des Himmels mehr bewundern? Endlich habe ich den Eindruck, verstanden zu haben, warum der Mensch das allerglücklichste, ja jeder Bewunderung würdiges Lebewesen ist, und was schließlich der Zustand sei, den er in der Reihung des Alls erhalten hat, der nicht nur den Tieren, sondern den Sternen, sondern den überweltlichen Verständen Neid erregt.

Übersetzer: H. Reich, leicht geändert von Matthias Perkams