Original:
Ein Vorbegriff (prolēpsis) macht für Epikur erst die Erkenntnis möglich
Τὴν δὲ πρόληψιν λέγουσιν οἱονεὶ κατάληψιν ἢ δόξαν ὀρθὴν ἢ ἔννοιαν ἢ
καθολικὴν νόησιν ἐναποκειμένην, τουτέστι μνήμην τοῦ πολλάκις ἔξωθεν
φανέντος, οἷον τὸ Τοιοῦτόν ἐστιν ἄνθρωπος·ἅμα γὰρ τῷ ῥηθῆναι ἄνθρωπος
εὐθὺς κατὰ πρόληψιν καὶ ὁ τύπος αὐτοῦ νοεῖται προηγουμένων τῶν
αἰσθήσεων. παντὶ οὖν ὀνόματι τὸ πρώτως ὑποτεταγμένον ἐναργές ἐστι· καὶ
οὐκ ἂν ἐζητήσαμεν τὸ ζητούμενον εἰ μὴ πρότερον ἐγνώκειμεν αὐτό· οἷον Τὸ
πόρρω ἑστὼς ἵππος ἐστὶν ἢ βοῦς· δεῖ γὰρ κατὰ πρόληψιν ἐγνωκέναι ποτὲ ἵππου
καὶ βοὸς μορφήν·
Quelle:
Diogenes Laertios:
Leben der Philosophen
/
Vitae philosophorum
(
Vit.)
10, 33 = LS 17E.
Edition: N.N.
Auslegung:
Ein Vorbegriff bzw. eine richtige Meinung liegt jeder Bezeichnung ursprünglich zugrunde und ermöglicht die Erkenntnis.
- Prolepsis antwortet auf das sogenannten „Menon-Paradox“: Wie kann ich etwas erforschen und das Gefundene erkennen, ohne es vorher zu wissen
→ Prolepsis ist ein allgemeiner Begriff, der dem Wissenserwerb durch Sinneswahrnehmung vorausgeht
- Text ist wohl so zu verstehen, dass dieser allgemeinen Begriffe durch Beobachtung angereichert werden muss, so dass der „Umriss“ erkannt ist
- dass Menschen und Ochsen erkannt werden, setzt also voraus, dass ihr Begriff aus vorhergehenden Sinneswahrnehmungen bekannt ist
→ Prolepsis ist in diesem Sinne kein angeborenes Konzept oder gar keine erinnerbare Idee, sondern ein aus Erfahrungen gleichsam automatisch geformtes Konzept, das insofern unserer tiefergehenden Erforschung zugrundeliegt
Themen:
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Epikureer
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Erkenntnis
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Antike Philosophie II