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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel V, 15. 17f

Original:

Cicero referiert die Einteilung der Ziele der Philosophie nach dem Skeptiker Karneades
Facit igitur Lucius noster prudenter, qui audire de summo bono potissimum velit; hoc enim constituto in philosophia constituta sunt omnia. Nam ceteris in rebus sive praetermissum sive ignoratum est quippiam, non plus incommodi est quam quanti quaeque earum rerum est in quibus neglectum est aliquid; Summum autem bonum si ignoretur, vivendi rationem ignorari necesse est. ex quo tantus error consequitur ut quem in portum se recipiant scire non possint. [...] Quid autem sit quod ita moveat itaque a natura in primo ortu appetatur non constat, deque eo est inter philosophos [...] omnis dissensio. [...] Voluptatis alii primum appetitum putant et primam depulsionem doloris. Ab iis alii quae prima secundum naturam nominant proficiscuntur, in quibus numerant incolumitatem [...], quorum similia sunt prima in animis, quasi virtutum igniculi et semina.

Quelle: Cicero: Das höchste Gut und das höchste Übel /De finibus bonorum et malorum (Fin.) V, 15. 17f.
Edition: N.N.

Auslegung:

- Cicero (106-43 v. Chr.) erklärt die prägende Bedeutung des jeweiligen Glücksideals für jede philosophische Schule der hellenistischen Zeit - Eudaimonie heißt hier „höchstes Gut“
- „höchstes Gut“ wird zum definierenden Moment der Philosophie bzw. ihrer einzelnen Richtungen
- Ziel des vorliegenden Textes ist eigentlich (bei Karneades) die Widerlegung aller denkbaren Glückskonzeptionen
- im vorliegenden Text freilich Erläuterung einer Glücksklassifizierung
- definiert werden kann das Glück durch Freude (Epikur), äußere Güter und innere Güter (Stoiker)
→ Definition des Glücks als Freude (auch durch Einfluss Epikurs) anerkannte philosophische Position

Themen:

  • Höchstes Gut
  • Philosophie
  • Antike Philosophie II
  • Mensch und Seele

Unser Lucius handelt also klug, wenn er in erster Linie vom höchsten Gut hören will; denn wenn dieses festgelegt ist, ist in der Philosophie alles festgelegt. Denn wenn in den übrigen Dingen etwas entweder ausgelassen oder nicht gewusst wird, bringt das keinen Nachteil mit sich, der die Bedeutung von jedem dieser Sachen überschreitet, von denen etwas vernachlässigt wurde. Wenn das höchste Gut unbekannt ist, dann muss notwendigerweise der Gehalt des Lebens unbekannt sein. Daraus folgt ein solcher Irrtum, dass man nicht wissen kann, in welchen Hafen man sich zurückzieht. [...] Was es aber ist, dass so bewegt und von Natur aus so seit der ersten Entstehung erstrebt wird, steht nicht fest, und hierüber herrscht unter den Philosophen [...] größte Uneinigkeit. [...] Einige meinen, das primäre Streben und das primäre Vermeiden von Schmerz richte sich auf die Lust. Andere als sie erstreben das, was sie Primäres der Natur nach nennen, wozu sie Unversehrtheit rechnen [...]. Diesem ähnlich ist das Primäre in den Seelen, wie die Funken und Samen der Tugenden.

Übersetzer: N.N.