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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Cicero: Gespräche in Tuskulum 3, 41f. = LS 21L

Original:

Epikurs Begründung und Erklärung des Vorrangs der Freude (wörtlich zitiert von Cicero)
Nec equidem habeo, quod intellegam bonum illud, detrahens eas voluptates quae sapore percipiuntur, detrahens eas quae rebus percipiuntur veneriis, detrahens eas quae auditu e cantibus, detrahens eas etiam quae ex formis percipiuntur oculis suavis motiones, sive quae aliae voluptates in toto homine gignuntur quolibet sensu. Nec vero ita dici potest, mentis laetitiam solam esse in bonis. Laetantem enim mentem ita novi: spe eorum omnium, quae supra dixi, fore ut natura iis potiens dolore careat. [...] Saepe quaesivi [...] ex is qui appellabantur sapientes, quid haberent quod in bonis relinquerent, si illa detraxissent, nisi si vellent voces inanis fundere: nihil ab is potui cognoscere. Qui si virtutes ebullire volent et sapientias, nihil aliud dicent nisi eam viam, qua efficiantur eae voluptates quas supra dixi.

Quelle: Cicero: Gespräche in Tuskulum /Tusculanae disputationes (Tusc.) 3, 41f. = LS 21L.
Edition: N.N.

Auslegung:

- Epikur betont hier zunächst einmal die persönliche Erfahrung, dass Freude in sinnlicher Hinsicht unsere unmittelbare Glücksempfindung ist
- terminologisches Detail: das lateinische voluptas = Genuss übersetzt das griechische hedone
- von dieser direkten Erfahrung wird auch auf geistige Freude geschlossen, die nur auf solche sinnliche Freude gerichtet sein kann
- damit wird auch die von Aristoteles beschriebene Weisheit nur als ein Weg zur Freude sichtbar
→ Umdrehen des aristotelischen Arguments: wenn Freude die Weisheit begleitet, muss man annehmen, dass diese nur um der Freude willen angestrebt wird

Themen:

  • Freude
  • Genuss
  • Antike Philosophie II

Ich für meinen Teil kann nichts als das Gute begreifen, wenn ich die Genüsse abziehe, die man durch den Geschmack wahrnimmt, die abziehe, die durch das Liebesleben vermittelt werden, die abziehe, die durch das Hören von Gesängen entstehen, und auch die abziehe, die sich beim Wahrnehmen von Gestalten als angenehme Bewegungen durch die Augen bilden, oder auch alle Genüsse, welche sonst noch von irgendeiner Sinneswahrnehmung im ganzen Menschen hervorgebracht werden. Man kann aber sicherlich nicht sagen, dass nur die Freude des Geistes ein Gut sei. Denn einen freudigen Geist erkenne ich an der Erwartung all der Dinge, die ich eben erwähnt habe – dass sie ihrer Natur nach so sind, dass er, wenn er sie sich aneignet, vom Schmerz frei ist. [...] Männer, die man weise nannte, habe ich oft gefragt, was sie an Gütern denn noch übrig ließen, wenn sie all jenes abzögen, außer sie wollten bloß leere Worte verbreiten. Ich habe nichts von ihnen erfahren können. Wenn sie weiter von Tugenden und Weisheiten schwatzen wollen, werden sie von nichts anderem reden als dem Weg, auf dem eben die Genüsse hervorgebracht werden, von denen ich oben sprach.

Übersetzer: Perkams im Anschluss an Hülser