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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal (p. 191f. = LS 55N)

Original:

Der kausale Zusammenhang der Welt nach den Stoikern
[1] φασὶν δὴ [...] μηδὲν [...] ἀναιτίως μήτε εἶναι μήτε γίνεσθαι τῶν ἐν τῷ κόσμῳ διὰ τὸ μηδὲν εἶναι τῶν ἐν αὐτῷ ἀπολελυμένον τε καὶ κεχωρισμένον τῶν προγεγονότων ἁπάντων. διασπᾶσθαι γὰρ καὶ διαιρεῖσθαι καὶ μηκέτι τὸν κόσμον ἕνα μένειν αἰεί [...], εἰ μὴ πάντα τὰ ὄντα τε καὶ γινόμενα ἔχοι τινὰ αἴτια προγεγονότα, οἷς ἐξ ἀνάγκης ἕπεται· [...]
[2] ὄντων δὴ πλειόνων αἰτίων, ἐπ’ ἴσης ἐπὶ πάντων αὐτῶν ἀληθές φασιν εἶναι τὸ ἀδύνατον εἶναι, τῶν αὐτῶν ἁπάντων περιεστηκότων περί τε τὸ αἴτιον καὶ ᾧ ἐστιν αἴτιον, ὁτὲ μὲν δὴ μὴ οὑτωσί πως συμβαίνειν, ὁτὲ δὲ οὕτως. ἔσεσθαι γάρ, εἰ οὕτως γίνοιτο, ἀναίτιόν τινα κίνησιν.

Quelle: Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal /Περὶ εἱμαρμένης /De fato (Fat.) (p. 191f. = LS 55N).
Edition: Alexandri Aphrodisiensis praeter commentaria scripta minora. Quaestiones. De Fato. De Mixtione. Edidit I. Bruns (Supplementum Aristotelicum 2, 2), Berlin 1892, S. 164–212 (vgl.: Alexandre d’Aphrodise, Traité du destin. Texte établi et traduit par P. Thillet, Paris 1984).

Auslegung:

- Aus dem kausalen Zusammenhang der Welt folgern die Stoiker den Kerngrundsatz des Determinismus, dass aus gleichen Ursachen stets das Gleiche folgen muss, wenn die Welt kausal geschlossen bleiben soll
- als Prinzip der Kosmologie der Stoiker dient die Einheit des Kosmos
- Einheit ist zugleich eine kausale Einheit, die vom Prinzip gleicher Wirkung ihren Ausgang nimmt
- eine Unwirkung der Kausalität würde die Wirkung der Ursachen aufheben

Themen:

  • Stoiker
  • Kausalität
  • Freiheit (Vorlesung)
  • Antike Philosophie II

[1] Die Stoiker sagen [...], dass nichts in der Welt ohne Ursache ist oder geschieht, weil nichts in ihr losgelöst oder unabhängig von all dem ist, was vorher geschieht. Die Welt würde nämlich zerrissen und zerteilt und nicht länger eine Einheit bleiben [...], wenn nicht alles, was ist oder geschieht, bestimmte Ursachen hätte, die vorher entstanden sind und aus denen es mit Notwendigkeit folgt. [...]
[2] Wenn es nun eine Mehrzahl von Ursachenarten gibt, dann, so sagen sie [= die Stoiker], ist es bei ihnen allen gleichermaßen wahr, dass es unmöglich ist, dass etwas, falls alle Umstände auf seiten der Ursache und des Verursachten gleich sind, zuweilen so nicht eintritt, zuweilen aber wohl. Denn es würde, wenn es so wäre, irgendeine unverursachte Bewegung geben.

Übersetzer: Matthias Perkams im Anschluss an Hülser