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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Moses Maimonides: Wegweiser für die Verwirrten Buch 1, Kapitel 71

Original:

Moses Maimonides (ca. 1135/38-1204), der vielleicht einflussreichste Denker der jüdischen Tradition, benennt eine grundsätzliche Gemeinsamkeit von Christentum, Judentum und Islam:
ולא שך אנ ת'מ אשיא תעמנא ת'לאת'נא אעני אליהוד ואלנצארי ואלאסלאמ והי אלקול בחדת' אלעאלמ אלד'י בץחתה תץח אלמעגזאת וע'ירהא
(auf Arabisch, von Juden üblicherweise in hebräischen Buchstaben geschrieben)
Dasselbe mit arabischen Buchstaben sieht folgendermaßen aus:
ولا شك أن ثم أشيأء تعمنا ثلاثتنا أعني اليهود والنصاري والإسلام وهي القول بحدث العالم الذي بصحّته تصحّ المعخزات وغيرها.
Eine vokalisierte Transkription ist die folgende:
wa-lā šakka ʾan ṯamma ʾašyāʾu taʿammanā ṯalāṯunā ʾaʿnī al-jahūdu w-an-naṣārīyu w-al-ʾislāmu wa-hīya-l-qawlu bi-ḥadṯi-l-ʿālami allaḏī bi-ṣiḥḥatihi taṣiḥḥu am-maʿḫazātu wa-ġairuhu]

Quelle: Moses Maimonides: Wegweiser für die Verwirrten /Ḍalālat al-ḥāʾirīn /Dux neutrorum sive perplexorum Buch 1, Kapitel 71.
Edition: Abel/Levkovich/Mussall bzw. Munk

Auslegung:

Die Bedeutung des Zitates liegt darin, dass hier bereits sehr früh die Gemeinsamkeiten der "monotheistischen Weltreligionen" Judentum, Christentum und Islam im Vergleich zur (aristotelischen) Philosophie ausgesprochen wird, nämlich die Annahme einer Neuschöpfung der Welt (bzw. einer Schöpfung aus dem Nichts, creatio ex nihilo). Maimonides erweist damit einmal mehr seine "religionswissenschaftliche" Perspektive, indem er das Verhältnis seiner Religion zu den Nachbarreligionen aus einer Art Metaperspektive deutet. An diesem kurzen Beispieltext werden zudem die verschiedenen Sprach- und Schriftvarianten abgebildet, in denen Maimonides' Wegweiser für die Verwirrten rezipiert wurde. (Matthias Perkams)

Themen:

  • Christentum und Philosophie
  • Monotheistische Religionen
  • Judentum und Islam
  • Mittelalterliche Philosophie

Es besteht kein Zweifel, dass es gemeinsame Dinge für uns drei gibt, womit ich die Juden, die Christen und den Islam meine – nämlich die Lehre von dem Neuentstandensein der Welt. Da diese wahr ist, sind auch die Wunder und ähnliche Dinge wahr.

Übersetzer: Abel/Levkovich/Mussall

ואין ספק כי יש ביניהמ דברימ שכוללימ שלשתנו ר''ל היהודימ והנוץרימ והישמעלימ והיא מאמר בחדוש העולמ אשר בהתאמתו יתאמתו הנפלאות וזולתמ.

Übersetzer: Übersetzung des Shmuel Ibn Tibbon, ca. 1204

Non est autem dubium, quod quaedam sunt communia tribus gentibus, scilicet Christianis, Iudaeis et Mauris, sicut fides de creatione mundi et novitate ipsius, quoniam in assertione huius firmantur signa et prodigia et quaedam alia.

Übersetzer: Anonym, ca. 1220-1240, evt. Augustinus Iustinianus