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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal p. 207 = LS 62J

Original:

Der innere Zusammenhang von Determination und Verantwortlichkeit nach den Stoikern
a) οὐ γὰρ ἔστι μὲν τοιαύτη ἡ εἱμαρμένη, οὐκ ἔστι δὲ πεπρωμένη, οὐδὲ ἔστι μὲν πεπρωμένη, οὐκ ἔστι δὲ αἶσα, οὐδὲ ἔστι μὲν αἶσα, οὐκ ἔστι δὲ νέμεσις, οὐδὲ ἔστι μὲν νέμεσις, οὐκ ἔστι δὲ νόμος, οὐδ’ ἔστι μὲν νόμος, οὐδ’ ἔστιν δὲ λόγος ὀρθὸς προστακτικὸς μὲν ὧν ποιητέον, ἀπαγορευτικὸς δὲ ὧν οὐ ποιητέον. ἀλλὰ ἀπαγορεύεται μὲν τὰ ἁμαρτανόμενα, προστάττεται δὲ τὰ κατορθώματα. οὐκ ἄρα ἔστι μὲν τοιαύτη ἡ εἱμαρμένη, οὐκ ἔστι δὲ ἁμαρτήματα καὶ κατορθώματα.
b) ἀλλ’ εἰ ἔστιν ἁμαρτήματα καὶ κατορθώματα, ἔστιν ἀρετὴ καὶ κακία, εἰ δὲ ταῦτα, ἔστι καλὸν καὶ αἰσχρόν. ἀλλὰ τὸ μὲν καλὸν ἐπαινετόν, τὸ δὲ αἰσχρὸν ψεκτόν. οὐκ ἄρα ἐστὶ μὲν τοιαύτη ἡ εἱμαρμένη, οὐκ ἔστι δὲ ἐπαινετὸν καὶ ψεκτόν. ἀλλὰ τὰ μὲν ἐπαινετὰ τιμῆς ἄξια, τὰ δὲ ψεκτὰ κολάσεως. οὐκ ἄρα ἔστι μὲν τοιαύτη ἡ εἱμαρμένη, οὐκ ἔστι δὲ τιμὴ καὶ κόλασις.

Quelle: Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal /Περὶ εἱμαρμένης /De fato (Fat.) p. 207 = LS 62J.
Edition: N.N.

Auslegung:

Alexander von Aphrodisias führt einige typisch "Kettenschlüsse" durch, um ein Bild davon zu geben, welche Konsequenzen sich möglicherweise aus einer stoischen Fatumstheorie für die menschliche Freiheit ergeben bzw. welche sich aus der Annahme, dass Menschen zu Recht geehrt und bestraft werden können, für die Annahme eines stoischen Fatums ergeben. Alexander geht es darum, die Unvereinbarkeit beider Annahmen aufzuzeigen - er selbst meint durchaus, dass Menschen zwischen Alternativen wählen können und dass folglich das Fatum nicht alles determinieren kann, wie es die Stoiker meinen. Inwieweit diese Ketten so direkt auf die alten Stoiker zurückführbar sind, ist daher unklar. (Matthias Perkams)

Nach der Darstellung ihres aristotelischen Kritikers Alexander von Aphrodisias stellten die Stoiker ihre gegensätzlichen Intuitionen zu Determination und Verantwortlichkeit des Menschen in gegenläufigen Kettenschlüssen dar. (VL Freiheit )

Themen:

  • Determination
  • Schicksal
  • Stoiker
  • Verantwortung
  • Freiheit
  • Antike Philosophie II

a) Es ist aber nicht so, dass das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine Schicksalsbestimmung gibt, und auch nicht so, dass es zwar eine Schicksalsbestimmung, aber keinen Anteil daran gibt, und auch nicht so, dass es zwar einen Anteil daran gibt, aber kein Maß in der Zuteilung, und auch nicht so, dass es zwar ein Maß in der Zuteilung, aber kein Gesetz gibt, und auch nicht so, dass es zwar ein Gesetz, aber keine richtige Vernunft gibt, die anordnet, was zu tun, und verbietet, was zu lassen ist. Nun sind aber die falschen Handlungen verboten, die richtigen aber geboten. Es ist also nicht so, dass das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine falschen und richtigen Handlungen gibt.
b) Wenn es aber falsche und richtige Handlungen gibt, dann gibt es Tugend und Laster; und wenn es diese gibt, dann gibt es in sich Gutes und Schändliches. Das in sich Gute aber ist lobenswert, das Schändliche aber tadelnswert. Also ist es nicht so, dass zwar das Schicksal von dieser Art ist, es aber nichts Lobens- und Tadelnswertes gibt. Nun verdient aber das Lobenswerte Ehrung und das Tadelnswerte Strafe. Also ist es nicht so, dass zwar das Schicksal von dieser Art ist, es aber keine Ehrung und Strafe gibt.

Übersetzer: in Anlehnung an Hülser