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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Cicero: Laelius über die Freundschaft §20. 19

Original:

Cicero über die Freundschaft
(1) Est enim amicitia nihil aliud nisi omnium divinarum humanarumque rerum cum benevolentia et caritate consensio, qua quidem, haud scio an excepta sapientia, nihil melius homini sit a dis immortalibus datum. [...]
(2) Qui autem in virtute summum bonum ponunt, praeclare illi quidem, sed haec ipsa virtus amicitiam et gignit et continet nec sine virtute amicitia esse ullo pacto potest. [...] Qui ita se gerunt, ita vivunt, ut eorum probetur fides, integritas, aequalitas, liberalitas nec sit in iis ulla cupiditas, libido, audacia sitque magna constantia, ut ii fuerunt, modo quos nominavi, hos viros bonos, ut habiti sunt, sic etiam appellandos putemus, quia sequantur, quantum homines possunt, naturam optimam bene vivendi ducem.

Quelle: Cicero: Laelius über die Freundschaft /Laelius de amicitia (Lael.) §20. 19.
Edition: N.N.

Auslegung:

- enge Bindung der Freundschaft an den Philosophiebegriff als das Wissen von den menschlichen und göttlichen Dingen
- interessant ist, wie auch bei Aristoteles, Begriff der Übereinstimmung mit Zuneigung und Wohlwollen
- ebenso wie in anderen antiken Theorien Rückbindung der Freundschaft an charakterliche Tugend
- Grundeinsicht, dass Freundschaft charakterliche Festigkeit und Konstanz voraussetzt
- problematisch ist allerdings für Cicero die Rückbindung der Freundschaft an Weisheit und das damit verbundene höhe Ideal
- daher Bindung der Freundschaft an die Tugenden bewährter römischer Männer, nicht an das stoische Ideal des Weisen
- implizite Relativierung des Begriffs menschenmöglicher Tugend

Themen:

  • Freundschaft
  • Tugend
  • Antike Philosophie II

[1] Die Freundschaft ist nämlich nichts anderes als die Übereinstimmung in allen göttlichen und menschlichen Dingen, verbunden mit Zuneigung und Liebe; im Vergleich zu ihr dürfte – abgesehen vielleicht von der Weisheit – den Menschen nichts Besseres von den unsterblichen Göttern gegeben sein. [...]
[2] Diejenigen freilich, die in der Tugend das höchste Gut sehen, vorzüglich tun sie dies gewiss; aber gerade diese Tugend bringt die Freundschaft hervor und hält sie zusammen, und ohne Tugend kann es Freundschaft unter keinen Umständen geben. [...] Menschen, die sich so verhalten, so leben, dass man ihre Treue, ihre Unbescholtenheit, ihren Gerechtigkeitssinn, ihre Großzügigkeit anerkennt; dass es in ihnen keine Begierde, Ausschweifung und Frechheit gibt; dass sie starke Charakterfestigkeit beweisen – wie es bei denen der Fall war, die ich eben namentlich aufgeführt habe –, diese wollen wir, wie sie schon seinerzeit als gute Männer galten, auch für würdig erachten, sie ,gut‘ zu nennen, weil sie, soweit Menschen dazu befähigt sind, der Natur als der besten Führerin zu einem anständigen Leben folgten.

Übersetzer: N.N.