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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Epiktet : Erörterungen IV 1, 68-75

Original:

Epiktet über die menschliche Freiheit
a) πότερον οὖν οὐδὲν ἔχεις αὐτεξούσιον, ὃ ἐπὶ μόνῳ ἐστὶ σοί, ἢ ἔχεις τι τοιοῦτον; — Οὐκ οἶδα. — Ὅρα οὖν οὕτως καὶ σκέψαι αὐτό. μή τις δύναταί σε ποιῆσαι συγκαταθέσθαι τῷ ψεύδει; — Οὐδείς. — Οὐκοῦν ἐν μὲν τῷ συγκαταθετικῷ τόπῳ ἀκώλυτος εἶ καὶ ἀνεμπόδιστος. — Ἔστω. — Ἄγε, ὁρμῆσαι δέ σε ἐφ’ ὃ μὴ θέλεις τις δύναται ἀναγκάσαι; — Δύναται. ὅταν γάρ μοι θάνατον ἢ δεσμὰ ἀπειλῇ, ἀναγκάζει μ’ ὁρμῆσαι.
b) Ἂν οὖν καταφρονῇς τοῦ ἀποθανεῖν καὶ τοῦ δεδέσθαι, ἔτι αὐτοῦ ἐπιστρέφῃ; — Οὔ. — Σὸν οὖν ἐστιν ἔργον τὸ καταφρονεῖν θανάτου ἢ οὐ σόν; — Ἐμόν. — Σὸν ἄρα ἐστὶ καὶ τὸ ὁρμῆσαι ἢ οὔ; — Ἔστω ἐμόν. — Τὸ δ’ ἀφορμῆσαι τίνος; σὸν καὶ τοῦτο. — Τί οὖν, ἂν ἐμοῦ ὁρμήσαντος περιπατῆσαι ἐκεῖνός με κωλύσῃ; — Τί σου κωλύσει; μή τι τὴν συγκατάθεσιν; — Οὔ· ἀλλὰ τὸ σωμάτιον. [...] — Ὀρέγεσθαι δέ σε οὗ μὴ θέλεις τις ἀναγκάσαι δύναται; — Οὐδείς. — Προθέσθαι δ’ ἢ ἐπιβαλέσθαι τις ἢ ἁπλῶς χρῆσθαι ταῖς προσπιπτούσαις φαντασίαις; — Οὐδὲ τοῦτο· ἀλλὰ ὀρεγόμενόν με κωλύσει τυχεῖν οὗ ὀρέγομαι. — Ἂν τῶν σῶν τινος ὀρέγῃ καὶ τῶν ἀκωλύτων, πῶς σε κωλύσει; — Οὐδαμῶς.

Quelle: Epiktet : Erörterungen /Dissertationes (diatr.) IV 1, 68-75.
Edition: N.N.

Auslegung:

- Einen systematischen Neuansatz der stoischen Theorie der menschlichen Entscheidung finden viele Interpreten bei Senecas jüngerem Zeitgenossen Epiktet. Dieser führt seine Position in Gesprächen mit Leuten aus, die ihr Leben gemäß stoischen Regeln besser gestalten wollen. (VL Freiheit )
- Ort der Überlegung ist die Lehre und Erziehung zu einem guten Leben
- in diesem Zusammenhang wird die Frage nach dem Bereich der Handlungsfreiheit gestellt.
- erster Punkt ist der Zwang zu einer unmoralischen Zustimmung zur Lüge, hieraus Schluss auf die Fähigkeit der Zustimmung, ganz ungehindert zu urteilen. Dieses Vermögen heißt sonst bei Epiktet prohairesis.
- Eingrenzung seiner Wirklichkeit auf innere Handlungen, während äußere wie das Gehen behindert werden können. Hierfür ausschlaggebend sind die Vorstellungen, denen der Mensch nicht folgen muss. Dies liegt jedoch letztlich wieder an einer falschen Einstellung zu den äußeren Dingen im Zustimmungsvermögen.
→ damit, ähnlich wie bei Epikur, Möglichkeit dieses Vermögen zu ändern und die ursprüngliche Freiheit tatsächlich zu erwerben.
- ausschlaggebend ist für Epiktet die absolute Freiheit des Inneren, die grundlegend, aber nicht ganz, von äußeren Handlungsmöglichkeiten gelöst wird. Äußere Einflüsse auf das Innere zeugen jedoch von dessen mangelnder Einstellung.
- damit Vorbereitung der Idee einer Willensentscheidung, doch bleibt bei Epiktet letztlich unklar, wie spontan die prohairesis agieren kann

Themen:

  • Freiheit
  • Handlungsfreiheit
  • Antike Philosophie II

a) Hast Du keine selbständige Entscheidung, die allein Dir obliegt, oder hast Du so etwas? – Ich weiß nicht. – Schau also Folgendes und betrachte es. Kann Dich vielleicht jemand dazu bringen, der Lüge zuzustimmen? – Niemand. – Also bist Du im Ort der Zustimmung ungehindert und ungestört. – In der Tat. – Weiter: Kann Dich jemand zwingen, auf etwas loszugehen, was Du nicht willst. – Das kann er. Denn wenn er mir Tod oder Gefängnis androht, zwingt er mich, loszugehen.
b) Wenn Du nun das Sterben und das Gefangensein verachtest, brauchst Du Dich noch um ihn zu kümmern? – Nein. – Ist nun die Todesverachtung Dein Werk oder nicht. – Meines. – Ist das Losgehen also Deines oder nicht. – Es ist meines. – Das Ablassen von etwas, ist das auch Deines. – Was ist, wenn jemand mich hindert spazierenzugehen, wenn ich will. – Was an Dir hindert er denn? Etwa die Zustimmung? – Nein, sondern den Körper. [...] Wer aber kann Dich zwingen, etwas zu erstreben, was Du nicht willst. – Niemand. – Dir etwas vorzunehmen oder es sich zum Ziel zu setzen oder einfach die auftauchenden Vorstellungen gebrauchen? – Auch das nicht. Aber wenn ich strebe, wird er mich hindern, das, was ich erstrebe, zu erlangen. – Wenn Du etwas von dem Deinen erstrebst und vom Ungehinderten, wie soll er Dich hindern? – Auf keine Weise.

Übersetzer: N.N.

Quelle: N.N.