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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Justin: Dialog mit dem Tryphon 1, 6-2, 1; 3, 4f.; 4, 1

Original:

Der zum Christentum bekehrte Philosoph Justin erläutert, warum seine Konversion ein philosophischer Akt ist
a) Σὺ δὲ [...] τίνα γνώμην περὶ θεοῦ ἔχεις καὶ τίς ἡ σὴ φιλοσοφία [...]. –
b) Ἐγώ σοι, ἔφην, ἐρῶ ὅ γέ μοι καταφαίνεται. ἔστι γὰρ τῷ ὄντι φιλοσοφία μέγιστον κτῆμα καὶ τιμιώτατον θεῷ, ᾧ τε προσάγει καὶ συνίστησιν ἡμᾶς μόνη, καὶ ὅσιοι ὡς ἀληθῶς οὗτοί εἰσιν οἱ φιλοσοφίᾳ τὸν νοῦν προσεσχηκότες. [...] Φιλοσοφία μέν [...] ἐπιστήμη ἐστὶ τοῦ ὄντος καὶ τοῦ ἀληθοῦς ἐπίγνωσις, εὐδαιμονία δὲ ταύτης τῆς ἐπιστήμης καὶ τῆς σοφίας γέρας. –
c) Θεὸν δὲ σὺ τί καλεῖς; [...] – Τὸ κατὰ τὰ αὐτὰ καὶ ὡσαύτως ἀεὶ ἔχον καὶ τοῦ εἶναι πᾶσι τοῖς ἄλλοις αἴτιον, τοῦτο δή ἐστιν ὁ θεός. [...] Ἀλλ’ οὐκ ἔστιν ὀφθαλμοῖς [...] αὐτοῖς, πάτερ, ὁρατὸν τὸ θεῖον ὡς τὰ ἄλλα ζῶα, ἀλλὰ μόνῳ νῷ καταληπτόν, ὥς φησι Πλάτων, καὶ ἐγὼ πείθομαι αὐτῷ.

Quelle: Justin: Dialog mit dem Tryphon /Dialogus cum Tryphone (dial. try.) 1, 6-2, 1; 3, 4f.; 4, 1.
Edition: Iustini Martyris ›Dialogus cum Tryphone‹. Edited by M. Marcovich (Patristische Texte und Studien 47), Berlin 1997.

Auslegung:

Justin, nach seinem Tode „der Märtyrer“ genannt (ca. 100-165), war einer der ersten Christen, die ihr Tun ausdrücklich als Philosophie verstanden. So stilisiert sich Justin in der Einleitung, die diesem Zitat vorausgeht, als ein Philosoph mit der typischen Kleidung seines Standes, der zum Christentum gekommen ist, nachdem er bereits eine ganze Reihe philosophischer Schulen ausprobiert hat (Zitat Nummer 753). In diesem Zitat erläutert er, warum das Christentum in seinen Augen die wahre Philosophie ist und was er darin von Platons Lehren wiederfindet: In Abschnitt b) gibt er zwei Definitionen der Philosophie wieder, die letztlich auf Platon zurückgehen: Die Umschreibung der Philosophie als „das größte Besitztum“ geht auf Platons Timaios (47b) zurück, diejenige der Philosophie als Streben nach einem wahren Wissen und nach Glück reflektiert Ideen aus Platons Gastmahl bzw. Symposium (vgl. Zitate Nummer 19 und 20). In Punkt c) wird die platonische Idee von dem Ideen als dem wahrhaft und unveränderlich Seienden (vgl. Zitat Nummer 32), das nicht sichtbar ist, auf Gott übertragen. Damit übernimmt Justin eine mittelplatonische Deutung, die Gott und die Ideen identifiziert, wie sie sich auch schon beim Juden Philon findet (vgl. Zitat Nummer 404).

Themen:

  • Christentum und Philosophie
  • Gott
  • Antike Philosophie II
  • Das Seiende
  • Philosophie (Begriff von)

a) Tryphon: Welche Meinung hast Du aber über Gott und was ist Deine Philosophie? [...]
b) Justin: Ich will Dir sagen, was mir richtig scheint. In Wahrheit ist nämlich die Philosophie das größte Besitztum und das wertvollste bei Gott, zu dem sie allein uns nahebringt und hinführt, und wahrhaft würdevoll sind die, die sich auf die Philosophie konzentrieren. [...] Die Philosophie [...] ist das Wissen um das Seiende und die Erkenntnis des Wahren, das Glücklichsein aber ist der Lohn für dieses Wissen und diese Weisheit.
c) T.: Gott aber nennst Du was? [...] J.: Das, was immer auf die gleiche Weise und identisch ist und für alles andere die Ursache des Seins ist, dies ist Gott. [...] Aber das Göttliche [...], Väterchen, ist nicht mit den Augen selbst sichtbar, so wie die anderen Lebewesen, sondern allein mit dem Geist auffassbar, so wie es Platon sagt und wie ich von ihm überzeugt werde.

Übersetzer: Matthias Perkams