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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Plotin: Enneade V, 1 [10], 3, 1f. und 12-21

Original:

Der Übergang der Seele zum Geist
[1] Λάμβανε τοίνυν τὸ τοῦ θείου τούτου θειότερον τὸ ψυχῆς πρὸς τὸ ἄνω γειτόνημα, μεθ’ὃ καὶ ἀφ’ οὗ ἡ ψυχή. Καίπερ γὰρ οὖσα χρῆμα οἷον ἔδειξεν ὁ λόγος, εἰκών τίς ἐστι νοῦ· [...]
[2] Οὖσα οὖν ἀπὸ νοῦ νοερά ἐστι, καὶ ἐν λογισμοῖς ὁ νοῦς αὐτῆς καὶ ἡ τελείωσις ἀπ’ αὐτοῦ πάλιν οἷον πατρὸς ἐκθρέψαντος, ὃν οὐ τέλειον ὡς πρὸς αὐτὸν ἐγέννησεν. [...]
[3] Ὅταν γὰρ ἐνίδῃ εἰς νοῦν, ἔνδοθεν ἔχει καὶ οἰκεῖα ἃ νοεῖ καὶ ἐνεργεῖ. Καὶ ταύτας μόνας δεῖ λέγειν ἐνεργείας ψυχῆς, ὅσα νοερῶς καὶ ὅσα οἴκοθεν· τὰ δὲ χείρω ἄλλοθεν καὶ πάθη ψυχῆς τῆς τοιαύτης. Νοῦς οὖν ἐπὶ μᾶλλον θειοτέραν ποιεῖ καὶ τῷ πατὴρ εἶναι καὶ τῷ παρεῖναι·

Quelle: Plotin: Enneade /Enneade (enn.) V, 1 [10], 3, 1f. und 12-21.
Edition: Plotini Opera. Edidit P. Henry / H.-R. Schwyzer. Tomus 1–3, Oxford 1964–1977.

Auslegung:

Als zweiter Schritt des in Zitat Nummer 262 begonnenen Aufstiegs soll die Seele das Geistige in sich erkennen, und somit, dass sie aus dem Geist stammt. Das bedeutet auch, dass die Seele sich selbst als denkendes Wesen erkennt, denn genau dies hat sie aus dem Geist. Plotin schildert diesen Aufstieg in der belebten Sprache des antiken Platonismus: Die Seele und der Geist sind als Hypostasen „göttlich“, der Geist ist der „Vater“ der Seele, insofern er das Denken in einer höheren Form besitzt als diese, nämlich auf unzeitliche Weise. Trotzdem bedeutet die Tatsache, dass die Seele den Geist erkennen kann, dass sie auch selbst zur geistigen Tätigkeit zurückkehren kann.

Themen:

  • Seele
  • Geist (Nous)
  • Antike Philosophie II
  • Mensch und Seele
  • Aufstieg (der Seele)
  • Neuplatonismus
  • Selbsterkenntnis

[1] Nimm nun das Göttlichere als dieses Göttliche, den Nachbarn der Seele nach oben hin, nach dem und aus dem die Seele ist. Denn wenngleich sie eine solche Sache ist, wie das Argument zeigte, ist sie ein Abbild des Geistes. [...]
[2] Da sie aus dem Geist ist, ist sie denkend, und in den Überlegungen ist ihr Geist, und die Vollendung kommt wiederum aus ihm wie von einem Vater, der den aufzieht, den er weniger vollkommen als sich selbst gezeugt hat. [...] Denn wenn die Seele in den Geist hineinblickt, hat sie in sich und ihr zu eigen das, was sie denkt und aktiv betreibt.
[3] Und nur dasjenige darf man Aktivitäten der Seele nennen, was sie denkend und was sie von sich aus betreibt. Das Schlechtere aber ist von anderswoher und für eine so beschaffene Seele ein Erleiden. Der Geist also macht sie göttlicher, indem er Vater ist und indem er bei ihr ist.


Übersetzer: Matthias Perkams