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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Plotin: Enneade VI 9 [9], 6, 1. 12-17

Original:

Plotin erklärt den Aufstieg vom Geist zum Einen sowie dessen absolute Transzendenz
Πῶς οὖν λέγομεν ἕν, καὶ πῶς τῇ νόησει ἐφαρμοστέον; [...] ὅταν γὰρ ἂν αὐτὸν νοήσῃς οἷον ἢ νοῦν ἢ θεὸν, πλέον ἐστι. καὶ αὖ ὅταν αὐτὸν ἑνίσῃς τῇ διανοίᾳ, καὶ ἐνταῦθα πλέον ἐστὶν ἢ ὅσον ἂν αὐτὸν ἐφαντάσθῃς εἰς τὸ ἑνικώτερον τῆς σῆς νοήσεως εἶναι· ἐφ᾿ ἑαυτοῦ γάρ ἐστιν οὐδενὸς αὐτῷ συμβεβηκότος. τῷ αὐτάρκει δ᾿ ἄν τις καί τὸ ἓν αὐτοῦ ἐνθυμηθείη.

Quelle: Plotin: Enneade /Enneade (enn.) VI 9 [9], 6, 1. 12-17.
Edition: Plotini Opera. Edidit P. Henry / H.-R. Schwyzer. Tomus 1–3, Oxford 1964–1977.

Auslegung:

Plotin gibt hier einen kurzen Einblick in die Negative Theologie des Einen: Wenn man von der Seele zum Geist geblickt hat (Zitat Nummer 263), ist es nur folgerichtig, den Blick hin auf eine noch größere Einheit zu richten, in der es gar keine Dreiheit (Zitat Nummer 264) mehr gibt. Dabei entsteht jedoch das Problem, dass wir eine schlechthinnige Einheit gar nicht denken können, weil wir immer in Sätzen aus mehreren Wörtern denken, die also nicht schlechthin eines sind. Daher argumentiert Plotin zunächst mit dem „Mehr“, das man in jede Vorstellung vom Einen gegenüber allem, was wir überhaupt denken oder vorstellen können, hineinlegen muss. Im zweiten Schritt weist er dann darauf hin, dass das eine gar keine Eigenschaften hat und daher gar nicht auf die übliche Weise gedacht werden kann – wohl aber als schlechthin Eines.

Themen:

  • Eines (das Eine)
  • Geist (Nous)
  • Gott und die Welt
  • Antike Philosophie II
  • Aufstieg (der Seele)
  • Negative Theologie
  • Neuplatonismus
  • Transzendenz

In welchem Sinn also sagen wir „Eines“, und in welcher Weise hat man es mit dem Denken in Deckung zu bringen? [...] Wenn Du es Dir als Geist oder Gott denkst, ist es mehr; und wenn Du es wiederum gedanklich auf die Einheit reduzierst, so ist es auch hier in jedem Fall mehr als die Vorstellung, die du dir von ihm gemacht hast, um ihn einheitlicher als dein Denken zu machen. Daher ist es ganz für sich; es gibt keine Eigenschaft, die ihm zukommt. Und im Sinne des sich selbst Genügenden lässt sich auch das ihm zukommende ,Eine‘ denken.


Übersetzer: Tornau, leicht geändert von Matthias Perkams