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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Meyer, Conrad Ferdinand : Der römische Brunnen -

Original:

Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898), einer der berühmtesten Dichter der Schweiz, entwirft in seinem Gedicht Der römische Brunnen das Bild einer vollkommenen, im Fluss befindlichen Struktur, die an den Neuplatonismus denken lässt
Auf steigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.


Quelle: Meyer, Conrad Ferdinand : Der römische Brunnen -.
Edition: 7. Version

Auslegung:

Das Gedicht des Schweizer Dichters dient in Vorlesungen als Aufhänger für die Behandlung des Neuplatonismus: Beim römischen Brunnen strömte das Wasser Becken für Becken nach unten, ohne dass dieser Prozess je aufhörte. Besonders schön zeigt das die Formulierung „sie wird zu reich“ – sie gemahnt daran, dass die oberen Hypostasen des Neuplatonismus ihre Güte verströmen, ohne dass diese Güte abnimmt. Ebenso zeigen die Formulierungen „und jede nimmt und gibt zugleich“ sowie „und strömt und ruht“ den gleichen Gedanken: Im neuplatonischen Denken wird alles Empfangene weitergegeben, und das ganze bewegte System ist doch zugleich ewig und unveränderlich so, weil sich ewig und unveränderlich die erste Ursache verströmt.

Themen:

  • Gedicht
  • Antike Philosophie II
  • Neuplatonismus