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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Bardaiṣān: Buch der Gesetze der Völker § 1

Original:

So beginnt ein philosophischer Dialog mit Bardaiṣān, dem ,Philosophen der Aramäer‘ (um 200 n. Chr.)
(1) ܡܢ ܩܕܡ ܝܘܡ̈ܬܐ ܥܠܝܢ ܗܘܝܢ ܠܡܣܥܪ ܠܫܡܫܓܪܡ ܐܚܘܢ: ܘܐܬܐ ܐܫܟܚܢ ܬܡܢ ܒܪܕܝܨܢ. ܘܟܕ ܓܫܗ ܘܚܙܐ ܕܫܦܝܪ ܥܒܝܕ: ܫܐܠܢ ܕܡܢܐ ܡܡܠܠܝܢ ܗܘܝܬܘܢ܆ ܫܡܥܬ ܓܝܪ ܩܠܟܘܢ ܡܢ ܠܒܪ ܟܕ ܥܐܠ ܐܢܐ. ܡܥܕ ܗܘܐ ܓܝܪ ܕܐܡܬܝ ܕܡܫܟܚ ܗܘܐ ܠܢ ܕܡܡܠܠܝܢ ܗܘܝܢ ܡܕܡ ܡܢ ܩܕܡܘܗܝ: ܕܢܫܐܠܢ ܡܢܐ ܐܡܪܝܢ ܗܘܝܬܘܢ܆ ܕܥܠܘܗܝ ܢܡܠܠ ܥܡܢ.
(2) ܚܢܢ ܕܝܢ ܐܡܪܢ ܠܗ: ܥܘܝܕܐ ܠܡ ܗܢܐ ܐܡܪ ܗܘܐ ܠܢ: ܕܐܢ ܚܕ ܗܘ ܐܠܗܐ: ܐܝܟܢܐ ܕܐܡܪܝܢ ܐܢܬܘܢ: ܘܗܘ ܐܟܝܢ ܠܒܢܝ̈ ܐܢܫܐ ܘܨܒܐ ܒܗܢܐ ܡܕܡ ܕܡܦܩܕܝܢ ܐܢܬܘܢ ܕܬܥܒܕܘܢ: ܡܛܠ ܡܢܐ ܠܐܐܟܝܢ ܐܢܘܢ ܠܒܢܝ̈ ܐܢܫܐ: ܐܝܟܢܐ ܕܠܐ ܝܫܟܚܘܢ ܡܣܟܠܘ: ܐܠܐ ܕܒܟܠܙܒܢ ܕܛܒ ܗܘܘ ܥܒܕܝܢ:

Quelle: Bardaiṣān: Buch der Gesetze der Völker /Ktāḇā ḏǝ-nāmōsē ḏ-’aṯarvāṯā § 1.
Edition: Bardesanes, Liber legum regionum cuius textum Syriacum vocalium signis instruxit, Latine vertit F. Nau, in: Patrologia Syriaca 1, 2, Paris 1893, Sp. 536–610 (syr./lat.); vgl. Krannich, T. / Stein, P., Das ›Buch der Gesetze der Länder‹ des Bardesanes von Edessa, in: Zeitschrift für antikes Christentum 8 (2004), 203–229 (dt.).

Auslegung:

Dieser Text ist die Einführung zu einem der berühmtesten philosophischen Texte in syrischer Sprache, dem Dialog „Das Buch der Gesetze der Länder“, der erkennbar einen platonischen Dialog mit seiner ausgefeilten Rahmenhandlung nachahmt. Damit bezeugt der Text den literarischen Einfluss der griechischen Kultur in Obermesopotamien (heute aufgeteilt zwischen dem Irak, Syrien und der Türkei) um 200 n. Chr. Die Rolle des Sokrates nimmt hierbei Bardaiṣān (so auf Syrisch) ein, bzw. Bardesanes (so auf Latein und Griechisch). Dieser Autor war als der ,Philosophen der Aramäer‘ in der Stadt Edessa (heute Sanliurfa) bekannt, auf deren Dialekt das Syrische basiert, das seinerseits nur eine von mehreren Schriftsprachen ist, die aus der aramäischen Sprachengruppe erwachsen sind. – Die Einleitung des Textes mit der Andeutung einer Rahmenhandlung ist hierbei eindeutig an Platon modelliert. Die Frage, warum Gott denn den Menschen nicht so schuf, dass er nicht sündigen konnte, verrät hingegen christlichen Einfluss, zumal „Sünde“ ein typisch christlicher Begriff ist.

Themen:

  • Gott
  • Sünde
  • Das Gute
  • Freiheit
  • Antike Philosophie II
  • Syrisch (Philosophie in syrischer Sprache)
  • Dialog (philosophischer)

[1] Vor einigen Tagen gingen wir unseren Bruder Šemašgram besuchen. Auch Bardaiṣān kam, um uns dort anzutreffen. Als er ihn umarmt und gesehen hatte, dass es ihm gut ging, fragte er uns: "Worüber spracht Ihr? Denn ich hörte eure Stimme von draußen, als ich hierherkam." Er war es nämlich gewohnt, dann, wenn er uns dabei antraf, dass wir vor ihm über etwas sprachen, zu fragen: "Was spracht Ihr?", um hierüber mit uns zu sprechen.
[2] Wir sagten also zu ihm: "Dieser ʿAvīdā dort sagte zu uns: Wenn es einen Gott gibt, so wie Ihr sagt, und dieser die Menschen gestaltete und hierdurch etwas will, dass euch zu tun befohlen wird, warum gestaltete er die Menschen nicht so, dass sie nicht sündigen können, sondern vielmehr die ganze Zeit das Gute tun?“.

Übersetzer: Matthias Perkams