Original:
Die klassische Definition der Person, wie sie von Boethius um 520 formuliert wurde
Quocirca si persona in solis substantiis est atque in his rationabilibus, substantiaque omnis natura est nec in universalibus, sed in individuis constat, reperta personae est definitio ,naturae rationabilis individua substantia‘, Sed nos hac definitione eam quam Graeci ὑπόστασιν dicunt terminavimus.
Quelle:
Boethius, Anicius Manlius Severinus:
Gegen Eutyches und Nestorius
/
Contra Eutychen et Nestorium
(
c. Eutych.)
3 (p. 214, 168-173 Moreschini).
Edition: Boethius, De consolatione philosophiae. Opuscula theologica. Edidit C. Moreschini, München 2000, S. 206–241.
Auslegung:
Boethius (480-524), „der letzte Römer“ und Vermittler der aristotelischen Logik an das lateinische Mittelalter, liefert hier eine klassische Definition des Begriffs ,Person‘ (lateinisch persona). Der Definition zufolge wird mit Person eine individuelle, d.h. einzelne, rationale Substanz bezeichnet. Der hier verwendete Begriff „Natur“ wird im Sinne von „Art, Gattung“ verstanden, wobei die Zugehörigkeit dieser Art das Vorhandensein des Wesensmerkmals der Rationalität bedeutet. In diesem Sinne ist die Art eine spezifische „Natur“. Grundsätzlich überträgt Boethius terminologische Überlegungen ins Lateinische, wie sie namentlich Gregor von Nyssa auf Griechisch vorgenommen hatte (vgl. Zitat Nummer 711). Dass Boethius die allgemeine Wesenheit des Menschen eine „Natur“ und nicht ein „Sein“ bzw. eine „Substanz“ (ūsia) nennt, liegt an einer Veränderung der theologischen Diskussion seit der Zeit Gregors, insbesondere nach dem Verhältnis der menschlichen und göttlichen Natur Christi.
Themen:
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Antike Philosophie II
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Natur
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Substanz
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Person