Original:
Johannes Philoponos (ca. 500-575) wendet ein Unendlichkeits-Paradox gegen Aristoteles ein
εἰ ἄπειρον τὸ παρῳχημένον, προστιθεμένων τῶν ἐφεξῆς αὔξεσθαι τὸ ἄπειρον ἀνάγκη καί μηδέποτε λήγειν αὐξόμενον τοῦ χρόνου προϊόντος ἐπ᾿ ἄπειρον. εἰ οὖν καὶ αὐτὸ μόνον τὸ γεγόνεναι τὸ ἄπειρον ἀδύνατον, ὡς αὐτὸς ἔδειξε, πολλῷ μᾶλλον ἀδυνατώτερον τοῦ ἀπείρου μεῖζόν τι γίνεσθαι καὶ ἀπειρότερον.
Quelle:
Johannes Philoponos :
Kommentar zu Aristoteles’ Meteorologie
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in Aristotelis Meteorologicorum librum primum comm
(
in Mete.)
p. 17, 11-16.
Edition: Ioannis Philoponi in Aristotelis Meteorologicorum librum primum commentarium. Edidit H. Vitelli (CAG 14, 1), Berlin 1897.
Auslegung:
Während einige christliche Zeitgenossen wie Boethius auf eine Vereinigung von Christentum und aristotelisch-platonischer Philosophie hinarbeitet, wendet sich Johannes Philoponos, ein christlicher Schüler des Proklos-Schüler Ammonios, in Alexandrien mit neuen Argumenten gegen die These der unendlichen Dauer (bzw. Ewigkeit der Welt), die Proklos noch ausdrücklich verteidigt hatte (vgl. Zitat Nr. 858). Philoponos formuliert verschiedene einflussreiche Einwände gegen diese Theorie. An der zitierten Stelle wendet er dagegen ein, dass das Konzept einer ewigen Dauer der Zeit absurd ist. Auf der Sachebene könnte daraus z.B. paradoxerweise folgen, dass eine Unendlichkeit, z.B. die unendliche Abfolge der Jahre, eine noch größere Unendlichkeit impliziere, z.B. die unendliche Abfolge der Tage oder Minuten. Diese Kritik wurde im 19. Jahrhundert in die Definition der Unendlichkeit des Mathematikers Cantor aufgenommen (und wäre damit aus heutiger Sicht eher kein Paradox, sondern vielmehr eine Definition der Unendlichkeit). Allerdings richtet sich Philoponos, wie der Text zeigt, gegen bestimmte Annahmen des Aristoteles, dessen Text er sehr gut kennt. In diesem historischen Kontext kann man die Stichhaltigkeit seiner Kritik immer noch diskutieren.
Themen:
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Antike Philosophie II
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Aristoteles
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Unendlichkeit
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Ewigkeit
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Paradoxe