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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Pseudo-Dionysios Areopagita : Mystische Theologie I 1. 2 (141, 3-142, 2; 143, 3-7 Ritter)

Original:

Die negative Theologie nach Pseudo-Dionysios Areopagita (Antike Philosophie II)
ἔνθα τὰ [...] τῆς θεολογίας μυστήρια κατὰ τὸν ὑπέρφωτον ἐγκεκάλυπται τῆς κρυφιομύστου σιγῆς γνόφον. [...] Δέον ἐπ᾿ αὐτῇ καὶ πάσας τὰς τῶν ὄντων τιθέναι καὶ καταφάσκειν θέσεις, ὡς πάντων αἰτίᾳ, καὶ πάσας αὐτὰς κυριώτερον ἀποφάσκειν, ὡς ὑπὲρ πάντα ὑπερούσῃ, καὶ μὴ οἴεσθαι τὰς ἀποφάσεις ἀντικείμενας εἶναι ταῖς καταφάσεσιν, ἀλλὰ πολὺ πρότερον αὐτὴν ὑπὲρ τὰς στερήσεις εἶναι τὴν ὑπὲρ πᾶσαν καὶ ἀφαίρεσιν καὶ θέσιν.

Quelle: Pseudo-Dionysios Areopagita : Mystische Theologie /De mystica theologia (mys. theo.) I 1. 2 (141, 3-142, 2; 143, 3-7 Ritter).
Edition: N.N.

Auslegung:

Um die positive wie die negative Theologie zu vereinen, beschreibt Pseudo-Dionysios Areopagites (vgl. Zitat Nummer 859) eine mystische Gotteserfahrung, die sich eng an die negative (= verneinende) Theologie der Neuplatoniker anlehnt (vgl. Plotin in Zitat Nummer 265). Sie betont aber über diese und über jede positive (= bejahende) Gottesrede hinaus die herausragende Natur des göttlichen Seins (via eminentiae), die für uns zugleich ein mystisches Dunkel und Schweigen bleibt: Zwar kann Gott ,gut‘ genannt werden, aber in einem missverständlichen Sinne (= positive Theologie). Richtiger wird er ,nicht gut‘ genannt, weil seine Güte für uns unbegreiflich ist (= negative Theologie). Wenn wir ihn aber ,mehr als gut‘ oder ,über-gut‘ nennen, dann sprechen wir zwar positiv, jedoch in unbegreiflicher Weise über ihn (eminente Theologie). Eine Berücksichtigung der positiven Gottesrede ist für die Christen wichtig, um die biblische Rede über Gott als legitim ansehen zu können. Dionysios versucht aber auch, der neuplatonischen Kritik einer solchen Gottesrede und des Angebots einer negativen Gottesrede gerecht zu werden, und begründet so eine neue Art der Gottesrede.

Vorlesung Gott und die Welt
- bildliche Rede von Gott als „Dunkel über dem Licht“ drückt die von Plotin philosophisch festgestellte Unerkennbarkeit aus
- ebenfalls im Anschluss an Plotin Darstellung der sogenannten „negativen Theologie“: gleichzeitige Bejahung und Verneinung: Gott ist gut = Gott ist nicht gut
- Kein Widerspruch, denn Gott ist überhaupt nicht begreifbar; Gott ist nicht gut, sondern „mehr als gut“ (hyperagathon)
- aber: Verneinung übersteigt die Bejahung: unendlich großer Unterschied zwischen Gott und Mensch → analogia entis (Thomas von Aquin), bei der die Unterschiedlichkeit Gottes jeweils die Gleichheit überwiegt

Themen:

  • Antike Philosophie II
  • Gott
  • Negative Theologie
  • Gott und die Welt
  • Das Gute
  • Das Seiende
  • Mystik

[1] Hier [bei Gott] sind die Geheimnisse der Theologie durch die das Licht übersteigende Dunkelheit des mystisch-geheimen Schweigens verdeckt. [...]
[2] Bei ihr muss man, als von der Ursache von allem, alles vom Seienden Aussagbare einerseits zusprechen und bejahen, und alles andererseits, weil er oberhalb von allem ist, in noch höherem Maße verneinen. Und man darf nicht glauben, dass die Verneinungen den Bejahungen widersprechen, sondern dass das, was jenseits von allem Ab- und Zusprechen ist, weit früher als alle Mängel ist.

Übersetzer: Matthias Perkams