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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Augustinus von Hippo: Zu verschiedenen Fragen 31, 2 (p. 88, 70-79)

Original:

Augustinus nennt die Weltordnung auch das natürliche Gesetz und erklärt, warum nur besonders verrohte Menschen andere Menschen töten dürfen
[1] Ex hac igitur ineffabili atque sublimi rerum administratione, quae fit per divinam providentiam, quasi transcripta est naturalis lex in animam rationalem, ut in ipsa vitae huius conversatione moribusque terrenis homines talium distributionum imagines servent.
[2] Hinc est quod iudex damnatum percutere indignum sua persona et nefarium iudicat; eius tamen iussu hoc facit carnifex, qui pro sua cupiditate sic ordinatus est in officio, ut percutiat legum moderatione damnatum, qui posset etiam innocentem sua crudelitate percutere.

Quelle: Augustinus von Hippo: Zu verschiedenen Fragen /De diversis quaestionibus (divers. quaest. ) 31, 2 (p. 88, 70-79).
Edition: Sancti Aurelii Augustini De diversis quaestionibus octoginta tribus. De octo Dulcitii quaestionibus. Edidit Almut Mutzenbecher (CCSL 44A), Turnhout 1975.

Auslegung:

Der Text liefert ein weiteres Beispiel für Augustinus’ Aufnahme der Ansicht, es gebe ein ewiges Weltgesetz, das der menschlichen Vernunft innewohnt (vgl. Zitat Nummer 396). Hier heißt es „Naturgesetz“, während dort von „ewigem Gesetz“ die Rede war. Das Zitat betont besonders die Distanz, die der Richter, der zum Tode verurteilen kann, zum eigentlichen Tötungsakt wahrt, um die Würde der Vernunft, die im Richter gegenwärtig sein muss, herauszustellen. Obwohl Augustinus also die Todesstrafe nicht ablehnt, zeigt er doch ein Bewusstsein für ihre Grausamkeit.

Themen:

  • Gesetz und Gewissen
  • Ordnung
  • Seele
  • Gesetz
  • Naturgesetz
  • Richter
  • Strafe
  • Todesstrafe

[1] Aus dieser unsagbaren und erhabenen Verwaltung der Dinge, die durch die göttliche Vorsehung geschieht, ist das Naturgesetz in die rationale Seele gleichsam eingeschrieben, damit in der Führung dieses Lebens und in den irdischen Sitten die Menschen Abbilder solcher Verteilungen bewahren.
[2] Von daher erklärt es sich, dass ein Richter es für seiner Stellung unwürdig und verwerflich hält, einen Verurteilten zu töten. Auf seinen Befehl hin tut dies der Henker, der wegen seiner Begierde in seiner Amtsstellung den Platz in der Ordnung innehat, dass derjenige den durch das Maß der Gesetze Verurteilten tötet, der auch einen Unschuldigen mit der ihm eigenen Grausamkeit töten könnte.

Übersetzer: Matthias Perkams