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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Abaelard, Peter: Ethica I § 24 p. 38-40

Original:

Abaelard über die inhärenten Grenzen des gesetzmäßigen Handelns
[1] Pauper aliqua mulier infantulum habet lactentem nec tantum indumentorum habet ut et paruulo in cunis et sibi sufficere possit. Miseratione itaque infantuli commota, eum sibi apponit ut propriis insuper foueat pannis, et tandem [...], opprimere cogitur quem amore summo amplectitur. [...] Tamen [...] grauis ei poena iniungitur, non pro culpa quam commiserit, sed ut ipsa deinceps uel ceterae feminae [...] cautiores reddantur.
[2] Nonnumquam etiam contingit aliquem ab inimicis suis apud iudicem accusari, et tale quid illi imponi unde illum innocentem esse iudex cognoscit [...], testes proferunt licet falsos ad eum quem accusant conuincendum. Quos tamen testes cum nequaquam iudex manifestis de causis refellere possit, eos suscipere lege compellitur, et eorum probatione suscepta punit innocentem. Debet ergo punire illum qui puniri non debet. Debet utique quia quod ille non meruit hic secundum legem iuste agit.

Quelle: Abaelard, Peter: Ethica /Ethica (eth.) I § 24 p. 38-40 .
Edition: Luscombe

Themen:

  • Gesetz und Gewissen
  • Handeln

„[1] Eine arme Frau hat einen Säugling und hat doch nicht so viele Kleidungsstücke, dass es für das Kind in der Wiege und sie selbst ausreichen würde. Aus Mitleid mit dem Kind legt sie es daher zu sich selbst, um es mit der eigenen Decke zu wärmen, und schließlich [...] zerdrückt sie zwangsläufig den, sie mit höchster Liebe umarmt. [...] Dennoch [...] wird ihr eine schwere Strafe auferlegt, nicht wegen der Schuld, die sie begangen hat, sondern damit sie selbst und andere Frauen in Zukunft [...] vorsichtiger werden.
[2] Es kommt ferner manchmal vor, dass jemand von seinen Feinden bei einem Richter angeklagt und ihm etwas vorgeworfen wird, worin er, wie der Richter erkennt, unschuldig ist. [...] Nun bringen sie Zeugen vor, allerdings falsche, um den zu überführen, den sie anklagen. Weil der Richter aber diese Zeugen überhaupt nicht aus zutage liegenden Gründen widerlegen kann, wird er vom Gesetz gezwungen, sie zu akzeptieren. Durch die Akzeptanz ihres Zeugnisses bestraft er schließlich den Unschuldigen. Er muss also den bestrafen, der nicht bestraft werden darf. Er muss es gewiss, denn dass, was jener nicht verdiente, führt dieser gemäß dem Gesetz gerecht durch

Übersetzer: N.N.