[1] Weil das moralische Gute und Schlechte in einer Handlung insofern besteht, als diese willentlich ist [...], ist klar, dass eine Unwissenheit, die sie unwillentlich macht, den Gehalt des moralischen Gute und Schlechte aufhebt – aber nicht eine, die sie nicht unwillentlich macht. [...] Wenn also die Vernunft beziehungsweise das Gewissen aufgrund eines willentlichen Irrtums irrt, entweder direkt oder aus Nachlässigkeit, weil es sich um einen Irrtum über etwas handelt, was jemand zu wissen gehalten ist, dann entschuldigt dieser Irrtum der Vernunft beziehungsweise des Gewissens nicht. [...]
[2] Wenn zum Beispiel eine irrende Vernunft sagt, dass ein Mensch gehalten ist, zur Ehefrau eines anderen zu gehen, ist ein Wille, der mit dieser irrenden Vernunft übereinstimmt schlecht, weil der Irrtum aus einer Unwissenheit über das Gesetz Gottes kommt, das zu kennen er gehalten ist. Wenn aber die Vernunft darin irrt, dass jemand glaubt, eine anwesende Frau sei seine Gattin, und wenn er, da sie das Pflichtschuldige fordert, sie erkennen will, wird sein Wille entschuldigt, so dass er nicht schlecht ist.
Übersetzer: Matthias Perkams