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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Las Casas, Bartolomé de: Die zwölf Zweifelsfälle 8. Prinzip

Original:

Las Casas über Möglichkeiten, Gewissensurteile von außen zu beurteilen
Weil aber guter oder schlechter Glaube nur in der Seele und dem Gewissen eines jeden anzusiedeln ist, kann er in vielen Fällen nicht schlüssig überprüft werden; sehr wohl aber lassen sich zumindest einige Vermutungen anstellen und prüfen.
[1.] Die erste Vermutung greift, wenn die vermeintlich schlechten Taten durch nachweislich glaubwürdige Menschen angezeigt wurden. [...] Es gab wohl niemanden, der nicht gewusst hätte, dass täglich königliche Anweisungen zugunsten der Indios und zur Verhinderung all der Grausamkeiten [...] erlassen wurden. [...] Zumindest zweifelt niemand daran, dass die ganze Angelegenheit höchst zweifelhaft ist und im Verdacht des Unrechts steht. Es handelte sich also hierbei zumindest um einen ,wahrscheinlichen Zweifel‘, der alle, die nach Westindien gehen wollte, verpflichtete, sich zu informieren und die Wahrheit zu suchen, so dass sie die treuesten Diener Gottes hätten befragen müssen, bevor sie dorthin fuhren.
[2.] Die zweite [...] Vermutung lautet folgendermaßen: Damit ungerechte Kriegszüge [...] entschuldigt werden können (und ihre Verursacher dessen nicht angeklagt und des schlechten Glaubens bezichtigt werden können [...]), müssen die Verursacher notwendigerweise auf Befehl ihres Königs bzw. des Fürsten [...] gehandelt haben. [...] Aber auch ohne besagte Gelehrte zu befragen, könnten die Untertanen diesbezüglich so offenkundige und unübersehbare Anzeichen für die Ungerechtigkeit und Schändlichkeit eines Krieges oder einer fürstlichen Anordnung sehen oder bekommen, dass sie auch die Gehorsamspflicht gegenüber dem Fürsten nicht entschuldigt. [...] Die Spanier aber, welche nach Westindien gefahren sind [...], haben [...] sich aus freiem Entschluss und aus Habgier selbst angeboten und inständig und hartnäckig um die Lizenzen zur Überfahrt gebettelt. [...]
[3.] [...] Die dritte Vermutung [...] beruht [...] auf den Taten und Werken, welche die Spanier begangen haben und welche allesamt offensichtlich gegen jede Vernunft sowie gegen das Naturrecht und das göttliche Recht verstießen [...]; und Taten, welche gegen das Gesetz begangen wurden, können auch dann nicht entschuldigt werden, wenn sie irrtümlich – im Glauben, man irre nicht – begangen wurden.

Quelle: Las Casas, Bartolomé de: Die zwölf Zweifelsfälle /Las doce dudas (doc. du.) 8. Prinzip.
Edition: Las Casas, Werkauswahl 3/2, S. 325-328. 331f.

Themen:

  • Gesetz und Gewissen
  • Gewissensprüfung
  • Gewissensurteil