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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Bernhard von Clairvaux: Brief 190

Original:

Bernhard von Clairvaux’ (ca. 1090-1153) Kritik an Abaelards Glaubensbegriff:
In primo limine Theologiae, vel potius „Stultilogiae“ suae fidem diffinit aestimationem, quasi cuique in ea sentire et loqui quae libeat licet [...] Sed absit, ut putemus in fide [...] nostra aliquid [...] dubia aestimatione pendulum, et non magis totum quod in ea est certa ac solida veritate subnixum [...]. Academicorum sint istae aestimationes, quorum est dubitare de omnibus, scire nihil.

Quelle: Bernhard von Clairvaux: Brief /Epistula (ep.) 190.
Edition: Sämtl. Werke, Lat.-Deutsch III 90

Auslegung:

- Bernhard wendet sich zugleich gegen das Projekt „Theologie“ und gegen den Glaubensbegriff: Wenn der Glaube zum Objekt rationaler Forschung wird, ist er nicht mehr unerschütterliche Wahrheit.
- Abaelards „Einschätzung“ ist für Bernhard „Meinung"
→ Vorwurf, den Wahrheitsanspruch des Glaubens zu unterminieren, obwohl Abaelard nur einen Begriffsgehalt meint
- Verweis auf die Akademiker (antike skeptische Schule) beweist auch Bernhards Bildung
- Vgl. andererseits die Vernunftskepsis Abaelards, die deutlich methodischer ist als die der Benediktiner
(VL Mittelalterliche Philosophie)

Themen:

  • Glauben
  • Meinung
  • Mittelalterliche Philosophie

Abaelard bezeichnet ganz am Beginn seiner „Theologie“ – oder eher „Dummheits-Logie“ (stultilogia) – den Glauben als eine Meinung. So kann es darin gewissermaßen jedem freistehen zu denken und zu sagen, was ihm beliebt [...]. Aber fern sei es, dass in unserem Glauben [...] irgendetwas aufgrund einer zweifelhaften Meinung auf unsicheren Füßen steht, dass sich nicht vielmehr jeder Glaubensinhalt auf sichere und feste Wahrheit stützt [...]. Diese Ansichten mögen bei den Akademikern [d.h. den skeptischen Philosophen] bleiben, deren Eigenheit es ist, an allem zu zweifeln und nichts zu wissen.

Übersetzer: Winkler, geändert Perkams

Quelle: Sämtl. Werke, Lat.-Deutsch III 90