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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Philon von Alexandrien: Die Herstellung der Welt Mose zufolge 16, 20f

Original:

Laut Philon von Alexandrien richtet sich Gott bei der Schöpfung nach einem ewigen Urbild
[1] προλαβὼν γὰρ ὁ θεὸς ἅτε θεὸς ὅτι μίμημα καλὸν οὐκ ἄν ποτε γένοιτο δίχα καλοῦ παραδείγματος οὐδέ τι τῶν αἰσθητῶν ἀνυπαίτιον, ὃ μὴ πρὸς ἀρχέτυπον καὶ νοητὴν ἰδέαν ἀπεικονίσθη, βουληθεὶς τὸν ὁρατὸν κόσμον τουτονὶ δημιουργῆσαι προεξετύπου τὸν νοητόν, ἵνα χρώμενος ἀσωμάτῳ καὶ θεοειδεσ-τάτῳ παραδείγματι τὸν σωματικὸν ἀπεργάσηται, [...] τοσαῦτα περιέξοντα αἰσθητὰ γένη ὅσαπερ ἐν ἐκείνῳ νοητά. [...] καθάπερ οὖν ἡ ἐν τῷ ἀρχιτεκτονικῷ προδιατυπωθεῖσα πόλις χώραν ἐκτὸς οὐκ εἶχεν, ἀλλ’ ἐνεσφράγιστο τῇ τοῦ τεχνίτου ψυχῇ, τὸν αὐτὸν τρόπον οὐδ’ ὁ ἐκ τῶν ἰδεῶν κόσμος ἄλλον ἂν ἔχοι τόπον ἢ τὸν θεῖον λόγον τὸν ταῦτα διακοσμήσαντα.
[2] δύναμις δὲ καὶ ἡ κοσμοποιητικὴ πηγὴν ἔχουσα τὸ πρὸς ἀλήθειαν ἀγαθόν. εἰ γάρ τις ἐθελήσειε τὴν αἰτίαν ἧς ἕνεκα τόδε τὸ πᾶν ἐδημιουργεῖτο διερευνᾶσθαι, δοκεῖ μοι μὴ διαμαρτεῖν σκοποῦ φάμενος, ὅπερ καὶ τῶν ἀρχαίων εἶπέ τις, ἀγαθὸν εἶναι τὸν πατέρα καὶ ποιητήν· οὗ χάριν τῆς ἀρίστης αὑτοῦ φύσεως οὐκ ἐφθόνησεν οὐσίᾳ μηδὲν ἐξ αὑτῆς ἐχούσῃ καλόν, δυναμένῃ δὲ πάντα γίνεσθαι.

Quelle: Philon von Alexandrien: Die Herstellung der Welt Mose zufolge /De opificio mundi secundum Moysem (opif. mund.) 16, 20f.
Edition: Philo Alexandrinus, Opera Graeca: Philonis Alexandrini Opera quae supersunt. Volumen 1–6. Ediderunt L. Cohn / P. Wendland / S. Reiter, Berlin 1896–1915, Bd. 1.

Auslegung:

Dieses Zitat stellt eine Reflexion auf Platons Timaios dar: Wie dort wird der Schöpfergott als gut beschrieben, und er blickt auf die Ideen, um eine möglichst gute Welt zu schaffen (vgl. Zitat Nummer 33). Anders als bei Platon sind nun aber die Ideen nicht mehr oberhalb des Schöpfergottes (vgl. Zitat Nummer 644), sondern in dessen eigenem Verstand, so dass Philon der erste Zeuge für die Lehrmeinung ist, die Ideen in Gottes Geist zu verlegen, die sich später bei vielen jüdischen, christlichen und muslimischen Denkern findet, um dem Monotheismus gerecht zu werden. Auch dieser Text dürfte mittelplatonische Vorlagen haben.

Themen:

  • Judentum und Islam
  • Antike Philosophie II
  • Gott
  • Güte
  • Ideen
  • Judentum und Philosophie
  • Timaios

[1] Da Gott nämlich, weil er Gott ist, von vornherein erkannte, dass ein schönes Abbild niemals ohne ein schönes Vorbild entstehen kann und dass keines von den sinnlich wahrnehmbaren Dingen tadellos sein würde, das nicht einem Urbild und einer geistigen Idee nachgebildet wäre, bildete er, als er diese sichtbare Welt schaffen wollte, vorher die geistige, um dann mit Benutzung eines unkörperlichen und gottähnlichen Vorbildes die körperliche herzustellen [...], die ebenso viele sinnlich wahrnehmbare Arten enthalten sollte, wie in jener gedacht vorhanden waren. [...] Gleichwie nun die in einem Baumeister zuvor entworfene Stadt nicht außerhalb einen Platz hatte, sondern nur der Seele des Handwerkers eingeprägt war, ebenso hat auch die aus den Ideen bestehende Welt keinen andern Ort als den göttlichen Logos, der alles geordnet hat.
[2] Eine Kraft [von ihm] ist auch die weltschöpferische, die als Quelle das wahrhaft Gute hat. Denn wenn jemand die Ursache erforschen will, warum eigentlich dieses All geschaffen wurde, so scheint mir das Ziel nicht zu verfehlen, wer sagt – wie es auch schon einer der Alten getan hat –, dass der Vater und Schöpfer gut ist. Deshalb hat er seine vollkommene Natur nicht dem Sein vorenthalten, das aus sich selbst nichts Schönes ist, aber alles werden kann.

Übersetzer: Cohn/Wendland, leicht geändert von Matthias Perkams