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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Paul der Perser : Abhandlung über die Logik des Philosophen Aristoteles 1, 3f.; 9f.; 2, 9-23-3, 3 (Text leicht korrigiert)

Original:

Paul der Perser (6. Jhdt.) widmet Chosrau III. eine Einführung in die aristotelische Logik
ܠܔܕܢܐ ܟܣܪܘ ܡܠܟ ܡܠ̈ܟܐ ܜܒܐ ܕܔܒܕ̈ܐ: ܦܘܠܐ ܥܒܕܟ ܫܠܡ܀ ܦܝܠܣܘܦܘܬܐ ܕܐܝܬܝܗܿ ܝܕܥܬܐ ܫܪܝܪܬܐ ܕܟܠ: ܒܟܘܢ ܐܝܬܝܗܿ: ܘܡܢܗܿ ܕܦܝܠܣܘܦܘܬܐ ܕܒܟܘܢ: ܩܘܪܒܢܐ ܠܟܘܢ ܡܫܕܪ ܐܢܐ ... ܗܿܝ ܕܗܼܝ ܜܒܐ ܡܢ ܟܠܗܘܢ ܩܘܪ̈ܒܢܐ ܕܫܪܟܐ܀ ...
ܡܫܬܟܚܝܢ ܕܝܢ ܕܕܠܩܘ̈ܒܠܝܝܢ ܚܕ ܕܚܕ: ܘܣܬܪܝܢ ܚܕ ܠܚܕ: ܒܗܿܝ ܕܡܢܗܘܢ ܐܡܪܘ: ܕܚܕ ܐܝܬܘܗܝ ܐܠܗܐ: ܐܚܪ̈ܢܐ ܕܝܢ ܕܠܘ ܚܕ ܗܼܘ ܒܠܚܘܕ. ... ܕܐܡܪܘ ܕܒܢ̈ܝܢܫܐ: ܒܢ̈ܝ ܚܐ̈ܪܐ ܐܢܘܢ ܒܨܒܝܢܐ: ܘܐܝܬ ܕܣܬܘܪ̈ܐ ܗܘܘ ܠܗܕܐ. ܘܐܚܪܢܐܝܬ ܬܘܒ ܣܔܝܐ̈ܬܐ ܕܐܝܟ ܗܠܝܢ ܐܡܪܘ: ܘܣܡܘ ܒܡܫܠܡ̈ܢܘܬܗܘܢ: ܕܒܗ̈ܝܢ ܡܬܚܙܝܢ ܕܚܕ ܠܚܕ ܣܬܪܝܢ. ...
ܘܥܠ ܗܕܐ ... ܠܐ ܦܫܝܩ ܠܢ ܐܦܠܐ ܡܨܝܐ ܐܪܐ: ܕܠܚܕ ܢܐܚܘܪ ܘܠܐܚܪܢܐ ܢܫܒܘܩ: ܐܘ ܠܚܕ ܢܼܔܒܐ ܘܠܐܚܪܢܐ ܢܿܣܠܐ: ... ܡܕܝܢ ܨܒܘܬܐ ܕܕܔܡ̈ܘ ܗܿܢܘܢ: ܠܘܬ ܗܝܡܢܘܬܐ ܘܠܘܬ ܝܕܥܬܐ ܡܬܒܥܝܐ. ... ܘܗܿܝ ܡܿܢ ܒܦܘܠܔܐ: ܗܕܐ ܕܝܢ ܕܠܐ ܦܘܠܔܐ. ܟܠ ܦܘܠܔܐ ܗܟܝܠ ܣܕܩܐ ܡܥܠ: ܠܐ ܦܘܠܔܐ ܕܝܢ ܫܘܝܘܬܐ. ܝܕܥܬܐ ܐܪܐ [...] ܡܢ ܗܝܡܢܘܬܐ: ܘܠܗܕܐ ܠܡܔܒܐ܀


Quelle: Paul der Perser : Abhandlung über die Logik des Philosophen Aristoteles /Tractatus de opere logico Aristotelis philosophi 1, 3f.; 9f.; 2, 9-23-3, 3 (Text leicht korrigiert).
Edition: Anecdota Syriaca. Collegit edidit explicuit J. P. N. Land. Tomus quartus. Otia Syriaca. Insunt Tabulae VIII., Leiden 1875, p. 1–30.

Auslegung:

Dieser Text stellt einen Auszug aus der Vorrede dar, mit der der Logiker Paul der Perser, der wohl den syrischen und den griechischen philosophischen Schulbetrieb kannte, sein Logik-Handbuch dem Perserkönig Chosrau widmet. Chosrau, persisch Chusro, im Griechischen als Chosroes bekannt, ist auch sonst für seine philosophischen Interessen bekannt und gewährte nach der Schließung der letzten platonischen Schule in Athen 529 sieben dortigen Philosophen seine Gastfreundschaft. Paul stammt vermutlich aus den ostsyrischen christlichen Schulen, z.B. in Nisibis, und bedient Chosraus mithilfe der Logikkenntnisse die dort gelehrt werden. Vermutlich gab es von diesem Text eine mittelpersische Version, doch scheint der syrische Text das Original darzustellen.
Seine Einleitung ist auch ein so genannter Protreptikos, eine kurze Werbeschrift für die Philosophie. Das zeigt sich in diesem Textauszug vor allem in der Anrede an Chosrau: Die Philosophie, ein griechisches Fremdwort im Syrischen, wird als „Wissen von allem“ und, mit einem Zitat aus Platons Timaios, als „größtes aller Geschenke“ tituliert. Dass sie Chosrau selbst innewohnt, weist darauf hin, dass die Philosophie nicht bloß eine Wissenschaft ist, sondern auch den Charakter der Menschen bildet.
Abschnitt [2] bildet die Situation des multireligiösen Perserreiches ab, in dem verschiedene Religionen neben der zoroastrischen Staatsreligion bestanden: Juden, Manichäer, verschiedene christliche Konfessionen. Dabei bilden die Einzigkeit Gottes und der freie Wille des Menschen typisch christliche Positionen, während die Gegenposition den Zoroastriern zukommen, die einen guten Gott (Hormizd) und einen bösen (Ahriman) unterscheiden; der Name ihres Gründers Zoroaster wurde später unter dem Namen Zarathustra auch in der Philosophie berühmt. Es gibt mehrere ähnliche Texte aus dem Perserreich, aber Pauls Besonderheit ist, dass er die Philosophie als Lösungsweg vorschlägt. Dass er in [3] das Wissen als deren Ziel suggeriert, scheint der christlichen Glaubenslehre zu widersprechen. Tatsächlich geht es aber Paul um das Ideal, ideologische Streitigkeiten durch das Beweisen wahrer Ansichten zu schlichten – ein Ideal, das seither leider nicht eingelöst werden konnte.

Themen:

  • Aristoteles
  • Judentum und Islam
  • Chosrau (Chosroes)
  • Philosophie
  • Syrisch (Philosophie in syrischer Sprache)
  • Gott
  • Zweifel
  • Freiheit
  • Kulturtransfer
  • Philosoph(ie) und Herrscher

[1] Glückseliger Chosrau, König der Könige, Bester unter den Menschen, Dich grüßt Dein Diener Paul. Die Philosophie (filosofūṯā), das wahre Wissen von allem, ist in Euch, und aus ihr, aus der Philosophie, die in Euch ist, sende ich Euch ein Geschenk. [...] Diese ist besser als alle anderen Geschenke. [...]
[2] Es zeigt sich aber, dass die Menschen sich gegenseitig bekämpfen und ein jeder dem anderen widerspricht. Denn die einen unter ihnen sagen, es gebe nur einen Gott, andere aber, er sei nicht einzig. [...]. (Die einen) sagen, die Menschen seien frei in ihrem Wollen, die anderen widersprechen dem. Noch vieles dieser Art bringen sie vor und geben ihm Platz in ihren Überlieferungen, aus denen hervorgeht, dass sie einander widersprechen. [...]
[3] Und hierüber [...] ist es für uns nicht leicht, ja sogar nicht möglich, dass wir eines bevorzugen und das andere verlassen, das eine wählen und das andere zurückweisen. [...] Deswegen wird der Gegenstand dieser Dogmen im Hinblick auf den Glauben und im Hinblick auf das Wissen (īḏaʿtā) untersucht. [...] Der eine ist nun an den Zweifel (pulāǥā) gebunden, das andere ist ohne Zweifel. Jeder Zweifel schafft Spaltung, Abwesenheit des Zweifels aber Einheit. Demnach ist das Wissen (mächtiger) als der Glaube und eher zu wählen als dieser.


Übersetzer: Matthias Perkams