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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Al-Kindī : Die erste Philosophie IV, S. 181-183

Original:

Kindīs Beweis Gottes als der Wahre Eine
[1] فإذ كان كل واحد من المحسوسات وما يلحق المحسوسات فيها الوحدة والكثرة معاً وكانت فيها جميعاً أثراً من مؤ ثر عارضاً فيها لا بالطبع وكانت الكثرة جماعة وحدانيات اضطراراً، فباضطرار إن لم تكن كثرة بتة فإذاً تهوي كل كثرة هو بالوحدة ...
[2] فإذاً كل تهو أنما هو انفعال يوجد ما لم يكن، فإداً فيض الوحدة عن الواحد الحق الأول هو تهوي كل محسوس ... فيوجد كل واحد منها. ... فإذاً علة التهوي من الواحد الحق الذي لم يفد الوحدة من مفيد بل هو بذاته.

Quelle: Al-Kindī : Die erste Philosophie /Al-falsafa al-ūlā /Philosophia prima IV, S. 181-183.
Edition: Al-Kindī, Die erste Philosophie. Arabisch-Deutsch. Übersetzt und eingeleitet von Anna Akasoy, Freiburg u.a. 2011.

Auslegung:

Der Text zeigt eindrucksvoll, wie stark al-Kindī (ca. 800-866) vom griechischen Neuplatonismus eines Plotin und Proklos beeinflusst ist und wie er diesen im Einklang mit wichtigen Anliegen des islamischen Gottesbildes ausformuliert. Punkt (a) weist in typisch neuplatonischer Manier darauf hin, dass jede Vielheit eine Einheit voraussetzt, durch die die Vielheit erst konstituiert wird. In Abschnitt b) wird in Übereinstimmung damit der Schöpfer als „wahrer Einer“ bzw. „wahres Eines“ interpretiert, was auf Arabisch nicht unterscheidbar ist. Damit kann al-Kindī mindestens zwei Namen Allahs auf seine erste Ursache beziehen, nämlich den des Einen (al-wāḥid), also des einen Gottes, und den des Wahren bzw. Wahrhaftigen (al-ḥaqq). Dabei wird Gott nicht nur als der Schöpfer gepriesen, sondern auch als der, der alles im Sein erhält. Zugleich prägt al-Kindī den Begriff des „Herausfließens“ bzw. der „Emanation“ als Bezeichnung der göttlichen Kausalität, der in der Folgezeit im arabischen und lateinischen Raum typisch bleiben wird, nachdem Plotin eher die Metapher vom Licht dafür verwendet hat.

Themen:

  • Das Eine
  • Gott
  • Judentum und Islam
  • Arabisch-islamische Philosophie
  • Kausalität
  • Emanation

[1] Da Einheit und Vielheit gemeinsam in jedem der sinnlich wahrnehmbaren Dinge bestehen und dem, was den sinnlich wahrnehmbaren Dingen anhaftet, und die Einheit darin insgesamt ein Eindruck ist, der von irgendwo her kommt und akzidentell, nicht der Natur nach vorhanden ist, und die Vielheit notwendigerweise eine Ansammlung von Einheiten ist, so ist es notwendigerweise so, dass es, wenn es keine Einheit gibt, auch überhaupt keine Vielheit gibt. [...]
[2] Sein zu erhalten besteht genau darin, einem Akt unterzogen zu werden (infiʿāl), so dass existiert, was nicht war. Die Emanation (faiḍ) der Einheit aus dem ersten Wahren Einen (al-wāḥid al-ḥaqq) bedeutet, dass jedes sinnlich wahrnehmbaren Ding [...] Sein erhält, so dass jedes einzelne derartige existiert. [...] Die Ursache des Erhaltens von Sein stammt von dem wahren Einen her, das die Einheit nicht von einem Geber her erhielt, sondern in sich selbst eines ist.

Übersetzer: Anna Akasoy, leicht geändert von Matthias Perkams