Original:
Al-Kindī argumentiert dafür, dass die Welt neu entstanden und nicht ewig ist
[1] وإن كان جرم لا نهاية له، فإنه إذا فصل منه جرم متناهي العظم، فإن الباقي منه إما أن نكون متناهي العظم وإما لا متناهي العظم.
فإن كان الباقي منه متناهي العظم، فإنه إذا زيد عليه المفصول من المتناهي العظم، كان الجرم الكائن عنهما جميعاً متناهي اعظم، والذي كان عنهما هو الدي كان قبل أن يفصل منه شيء لا متناهي العظم. فهو إذن متناهي لا متناهي وهذا خلف لا يمكن.
فإن كان الباقي لا متناهي العظم، فإنه إذا زيد عليه ما أخذ منه، صار أعظم مما كان ... أو مساوياً له، فإن كان أعظم مما كان، فقد صار ما لا نهاية له أعظم مما لا نهاية له. ... والمتساويان هما ألذان متشابتهما أبعاد ما بين نهاياتها واحدو فهما إذن ذو نهايات.
[2] والزمان كمية فليس يمكن أن يكون زمان لا نهاية بالفعل، فالزمان ذو أوّل متناه، والأسياء أيضاً المحمولة في المتناهي متناهي اضطراراً، فكل محمول في الخرم من كم أو مكان أو حركة أو زمان الذي هو مفصول بالحركة ... فمتنه أيضاً إذ الجرم متناه. فجرم الكل متناه وكل محمول فيه أيضاً. وإذ جرم الكل ممكن أن فيه بالوهم زيادة دائمة أن نتوهم أعظم منه ثم أعظم من ذلك دائماً، فإنه لا نهاية في التزيد من جهة الإمكان. ... فإذاً الذي لا نهاية له إنما هو في القوة، فأما بالفعل فليس يمكن أن نكون شيء لا نهاية له لما قدمنا.
Quelle:
Al-Kindī :
Die erste Philosophie
/
Al-falsafa al-ūlā
/
Philosophia prima
II, S. 87-91.
Edition: Al-Kindī, Die erste Philosophie. Arabisch-Deutsch. Übersetzt und eingeleitet von Anna Akasoy, Freiburg u.a. 2011.
Auslegung:
In diesem Textauszug argumentiert al-Kindī für das Neuentstandensein der Welt und damit gegen die aristotelische These, die Welt sei ewig. Damit zeigt er ein Bewusstsein dafür, dass die Frage nach einer zeitlichen Erschaffung der Welt einen der größtem Unterschiede zwischen einer antik-philosophischen Weltsicht und der Schöpfungslehre einer monotheistischen Religion wie Judentum, Christentum und Islam hat. – Im Einzelnen enthält der Text zwei Argumente, die sich beide auf den aristotelischen Unendlichkeitsbegriff stützen, nach der es keine aktuale Unendichkeit gibt, sondern nur eine potentiale Unendlichkeit. Anders gesagt: Nach Aristoteles kann zwar etwas immer weiter ergänzt oder geteilt werden, es ist aber niemals unendlich Vieles zugleich wirklich (Zitat Nummer 660). Die nähere Quelle für al-Kindīs Kritik sind allerdings die Unendlichkeits-Paradoxe des spätantiken Christen Johannes Philoponos (ca. 500-575), der ebenfalls bereits die Ewigkeit der Welt kritisiert hatte (Zitat Nummer 304). – Vor diesem Hintergrund argumentiert al-Kindī zuerst mit der Unendlichkeit des Körpers und meint, dass diese Annahme in Absurditäten zurückführt. Denn wenn man von einem hypothetisch anzunehmenden unendlichen Körper etwas Endliches wegnehme und dann wieder hinzufüge, ergebe sich entweder ein endlicher oder ein unendlicher Körper. Sei der sich ergebende Körper endlich, dann würde aus etwas Unendlichem auf unerklärbare Weise etwas Endliches; sei der sich umgebende Körper aber unendlich, dann sei ein unendlicher Körper größer als der andere. Das zu seiner Zeit innovative Argument scheint aus heutiger Sicht allerdings nicht zielführend, weil der Unendlichkeitsbegriff im modernen Verständnis impliziert, das ein „mehr“ oder „weniger“ unendlich sein hier gar nicht anwendbar ist. – Das zweite Argument wendet Aristoteles’ Begriff einer potentiellen Unendlichkeit auf die Zeit an und behauptet, die Zeit müsse einen Anfang haben, da sie laut Aristoteles nicht aktual unendlich sein könne. Vielmehr könne sie allenfalls unendlich werden, indem man ihr immer etwas hinzufüge. Hier stellt sich allerdings die Frage, warum Aristoteles seinen Unendlichkeitsbegriff nicht so verstehen konnte, dass die Zeitreihe immer schon gegeben ist. Al-Kindīs Kritik erscheint etwas willkürlich. – Trotz dieser Grenzen zeigen die beiden Argumente, mit welcher Ernsthaftigkeit hier philosophisch für eine Position argumentiert wird, die sich aus einer monotheistischen Religion ergibt.
Themen:
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Judentum und Islam
-
Entstehung der Welt
-
Ewigkeit der Welt
-
Unendlichkeit
-
Zeit
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Arabisch-islamische Philosophie