Original:
Al-Ġazālī über seine Ziele und seine Vorgehensweise in der Inkohärenz der Philosophen
(1) المقصود تنبيه مَن حسن اهتقاد في الفلاسف وظنّ أن مسالكهم نقية عن التناقض
(2) ببيان وجوه تهافتهم. فلذلك أنا لا أدخل في الاعتراض عليهم إلا دجول مطالب منكر’ لا دخول مدّعٍ مثبت. ...
(3) نعم قولهم أن المنطقيات لا بد من إحكامها’ فهو صحيح. ولكن المنتق ليس محصوصا بهم’ وإنما هو الأصل الذي نسمّيِه في فن الكلام كتاب النظر. فغيّروا عبرته إلى المنطق تهويلا. ...
(4) ونوضح أن ما شرّطوه في صحة مادة القياس في قسم البرهان من المنطق وما شرّطوه في صورته في كتاب القياس وما ضعوه الوضاع في ايساغوحي وقاطيغورياس التي هي أجزاء المنطق ومقجّماته، لم يتمكّنوا من الوفء بشيء منه في علومهم الالهية.
Quelle:
Al-Ġazālī :
Die Inkohärenz der Philosophen
/
Tahāfut al-falāsifa
Einleitung § 22. 25f. (p. 7. 10 Marmura).
Edition: Al-Ghazālī, The incoherence of the philosophers. Tahāfut al-falāsifa. A parallel English-Arabic text transl., introd., and annotated by Michael E. Marmura, Provo (Utah) [2009].
Auslegung:
Dieses Zitat fasst einige methodische Grundprinzipien von al-Ġazālīs
Inkohärenz der Philosophen zusammen (z.T. unter dem nicht ganz exakten Titel
Widerlegung der Philosophen bekannt). Mit „Philosophen“ sind dabei vor allem aristotelische Denker gemeint, namentlich al-Fārābī und vor allem Ibn Sīnā (Avicenna), der zu al-Ġazālīs Zeit das islamische Geistesleben stark beeinflusste. Er richtet sich also gegen „Philosophen“ als eine innerislamische Gruppe (vgl. Zitat Nummer 464). Dabei ist klar, dass al-Ġazālīs Philosophenkritik selbst eine philosophische Kritik ist. Das zeigen die hier dargelegten methodischen Grundprinzipien sehr deutlich: Al-Ġazālī erkennt die Standards guten Argumentierens an, die al-Fārābī und andere Aristoteliker herausgearbeitet haben, und er kennt die einschlägigen aristotelischen Texte ([3] und [4]; vgl. Zitate Nummer 436 und 438). Er möchte lediglich zeigen, dass die Philosophen die argumentativen Standards, die sie selbst vertreten, nicht eingelöst haben, dass sie also z.B. nicht beweisen können, dass die Seele unsterblich ist (vgl. Zitat Nummer 463). Damit greift er den Kern des philosophischen Projekts an, der darin bestehen soll, die für den Islam notwendigen Wahrheiten argumentativ zu erkennen. Insoweit richtet sich sein Angriff gegen die ganze Gruppe der Philosophen. Es handelt sich nicht um einen rein argumentativen Angriff, sondern al-Ġazālī erklärt manche philosophischen Überzeugungen (z.B. die Ablehnung der Auferstehung des Leibes; vgl. Zitat Nummer 463) für häretisch und droht Personen, die von diesen Meinungen nicht ablassen, mit der Todesstrafe. Aus heutiger Sicht ist das Werk als eine philosophische Erkenntniskritik aus religiöser Perspektive trotzdem von bleibendem Interesse und weist al-Ġazālī als großen Denker aus.
Themen:
-
Judentum und Islam
-
Arabisch-islamische Philosophie
-
Mensch und Seele
-
Kritik/Kritikfähigkeit
-
Logik
-
Philosophen
-
Syllogismus (Typen des)