Original:
Al-Ġazālī über die Rolle der Mystik für den suchenden Menschen
ثم إني لما فرغت من العلوم، أقبلت بهمتي على طريق الصوفيّة. وعلمت أن طريقهم إنّما تتمّ بعلم وعمل. وكان حاصل عملهم: قطع عقبات النفس ... حتى يتوصل بها إلى تخليّة القلب عن غير ألله تعالى، وتجليته بذكر ألله. ...
فعلمت يقينيّاً: أنهم أرباب الأحوال، لا أصحاب الأقوال.
Quelle:
Al-Ġazālī :
Der Erretter aus dem Irrtum
/
Munqid min aḍ-ḍalāl
IV (p. 40f. Elschazlī = p. 59. 61 Maḥmūd 1968).
Edition: Al-Ġazālī, al-Munqiḏ min aḍ-ḍalāl, ed. ʿAbd-al-Ḥalīm Maḥmūd, Kairo 1964.
Auslegung:
Hier stellt al-Ġazālī seine Zuwendung zum Ṣūfīsmus als eine Aufstiegsbewegung über das wissenschaftliche Wissen hinaus dar. Dieses ist im Ṣūfīsmus nicht überflüssig, sondern eine notwendige Vorstufe dazu, sich dem ganz unerkennbaren Gott anzunähern. Insofern, als das auch mit guten Sitten zu tun hat, ist die hier genannte „Tätigkeit“ im Sinne ethischer Praxis zu verstehen, und die jeweiligen Reinigungsprozesse entsprechen grundsätzlich platonischen und neuplatonischen Mustern, insofern al-Ġazālī alles Nicht-Göttliche vermeiden will. Im Hintergrund des hier geschilderten Aufstiegs steht der Aufstieg der Seele in Platons
Symposion (Zitat Nummer 21), der mystischen Strömungen in Judentum, Christentum und Islam ein Grundmodell liefert. Am Ende betont er, dass es im Ṣūfīsmus nicht um die Erlangung von Wissen geht, sondern um einen Zustand, in den der Mensch versetzt wird, nämlich den der unmittelbaren Begegnung mit Gott.
Themen:
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Judentum und Islam
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Mystik
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Arabisch-islamische Philosophie
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Mensch und Seele
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Aufstieg (der Seele)
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Autobiographie
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Gott
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Gottsuche
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Negative Theologie