Original:
Ibn Ṭufail erklärt den Unterschied der unio mystica von komplettem (philosophischem) Wissen
فتخيل حال مَن ولد مكفوف البصر ... فنشأ مذ كان في بلدة من البلدان وما زال يتعرف أشخاص الناس ... وسكك المدينة ومسالكها ... بما له من ضروب الادراكات الآخِرحتى صار بحيث يمسي في تلك المدينة بغير دليل ويعرف كلّ مَن يلقاه بأول وهلة، ... ثم أنه بعد حصل في هذه الرتبة فتح بصره وحدث له الرؤية ... فلم يجد أمر على خلاف ما كان يعتقده ولا أنكر من أمرها شيئاً ... غير أنه في ذلك كلّه حدث له أمران عظيمان ... وهما زيادة الوضوح والانبلاج واللذة العظنمة.
Quelle:
Ibn Ṭufail :
Ḥayy ibn Yaqẓān
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Ḥayy ibn Yaqẓān
Auszüge v. S. 7f.
Edition: Hayy ibn Yaqzan. Roman philosophique d'I̕bn Ṭufayl. Texte arabe et traduction française par Léon Gauthier, Beirut 1936 (Nachdruck Frankfurt 1999).
Auslegung:
Der Text stammt aus dem philosophischen Inselroman Chayy ibn Jaqsan des spanischen Muslims Ibn Tufail (ca. 1110-1185), eines Förderers des Ibn Rušd/Averroes. Das Werk, in dem ein Mensch auf einer einsamen Insel von einer Gazelle genährt aufwächst und sich autodidaktisch das gesamte philosophische Wissen seiner Zeit erwirbt, hat großen Einfluss auf die neuzeitlichen Inselromane ausgeübt. Viele Inhalte erklären sich aber aus der Geschichte der arabisch-islamischen Philosophie, die in spezifischer Weise Ideen aus der antiken Philosophie fortführt.
Das vorliegende Zitat widmet sich dem Thema der philosophischen Mystik und erwächst aus einer Konfrontation des aristotelischen Wissenschaftsideals mit den mystischen Strömungen des Islams, welche ihrerseits auf die negative Theologie des Neuplatonismus in spezifischer Weise zurückgreifen. Implizit ist auch die im islamischen Denken seit al-Kindī bekannte Idee, dass man auf philosophische Weise alles Wissen erlangen könne, was die islamische Religion durch Offenbarung lehre, nur langsamer, dafür aber in der Form bewiesenen Wissens. Vor dem Hintergrund dieser Annahme stellt sich dann die Frage, was den unter diesen Bedingungen der Mehrwert einer mystischen Gottesschau ist. Ibn Tufail beantwortet sie hier damit, dass das darin implizierte Wissen eigentlich nichts anderes ist als das wissenschaftliche Wissen, dass aber die Weise der Auffassung eine ganz andere und mit besonderer Freude und Klarheit verbunden ist.
Themen:
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Judentum und Islam
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Wissen
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unio mystica
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