Original:
Die wissenschaftstheoretische Situation des religiösen Menschen, wie sie aus dem Scheitern der Gottesbeweise der Mutakallimūn resultiert, und Maimonides‘ Lösungsansatz
(1) وكون الأمر الذي لا برهان عليه يبقي مع مجرّد كونه مطلوباً أن (أو) يُقبل فيه أحد طرفَي النقيص أولى ...
(2) فإذا ... كانت هذه المسألة أعني قدم العالم أو حدوثه ممكنة، كانت عنديّ مقبولة من جهة النبوة التي تبيّن أموراً ليس في قوة النظر الوصول إليها. كما نبيّن أن النبوة لا تبطل ولو على رأي مَن يعتقد القدم.
(3) وبعد أن أبيّن امكان دعوانا، آخذ في ترجيحه على ما سواه بدليل نظريّ أيضاً.
Quelle:
Moses Maimonides:
Wegweiser für die Verwirrten
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Ḍalālat al-ḥāʾirīn
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Dux neutrorum sive perplexorum
II 16 [lat. 17] § 212. 214f.
Edition: Maimonides, Dalālat al-̣hā'irīn. Ed. ̣Husain Atāy, Kairo 1980.
Auslegung:
Hier setzt Maimonides seine Auseinandersetzung über die Ewigkeit der Welt und die Möglichkeit, philosophisch darüber zu sprechen, fort (vgl. Zitat Nummer 477 und 480). Nach Punkt [1], und zwar nach der wohl richtigen Lesart b), lässt sich philosophisch aufweisen, dass manche Probleme nicht zu einer definitiven Lösung gebracht werden können. Dann ist auf apodeiktische Weise keine Argumentation möglich, und es muss auf andere Weise eine Entscheidung herbeigeführt werden. Daher formuliert Maimonides in Punkt [3] ein methodisches Prinzip, das sich später bei Kant in ähnlicher Weise findet: In solchen Fragen kann es notwendig sein, zunächst die Unbeweisbarkeit aller Optionen zur Lösung eines Problems zu zeigen. Wenn keine Option beweisbar ist, dann sind alle Optionen möglich, und man kann mit dialektischen Argumenten für jede der Lösungen argumentieren. Damit beginnt Maimonides bereits unter [2], wenn er sich nämlich auf das Autoritätsargument der Prophetie beruft. Wenn nämlich die Ewigkeit der Welt ebenso wenig beweisbar ist wie ihre Neuentstehung, dann erhält das Zeugnis der Propheten, d. h. hier: vor allem das Zeugnis des
Mose, besonderes Gewicht. Gemeint ist also die Autorität des
biblischen Schöpfungsberichts, für den aber noch argumentiert werden muss.
Der Text enthält auch eine abweichende Form des Textes, die sich nur durch einen Buchstaben von Version b) unterscheidet und in manchen Handschriften zu finden ist. Dies weist noch einmal auf die vielen Ebenen hin, auf denen die Interpretation philosophischer Texte schwierig ist: Es fängt schon bei der Frage an, ob man überhaupt den korrekten Text interpretiert.
Themen:
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Judentum und Islam
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Wissenschaft(stheorie)
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Prophet/Prophetie