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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder ueber religioese Macht und Judentum S. 32-40, Auszüge

Original:

Moses Mendelssohn unterscheidet zwei Arten von ewigen sowie zeitliche Wahrheiten
[1] Ewige Wahrheiten [...] sind entweder nothwendig, an und für sich selbst unveränderlich, oder zufällig. [...] Sowohl die nothwendigen als zufälligen Wahrheiten fließen aus einer gemeinschaftlichen Quelle, aus der Quelle aller Wahrheit: jene aus dem Verstande, diese aus dem Willen Gottes. [...] Beispiele der ersten Gattung sind die Sätze der reinen Mathematik und der Vernunftkunst; Beyspiele der letzteren die allgemeine Sätze der Physik und Geisterlehre, die Gesetze der Natur, nach welchen dieses Weltall, Körper und Geisterwelt regiert wird. Außer diesen ewigen Wahrheiten giebt es noch Zeitliche, Geschichtswahrheiten. [...] Von dieser Art sind alle Wahrheiten der Geschichte, in ihrem weitesten Umfange. [...]
[2] Die [...] nothwendigen Wahrheiten gründen sich auf die Vernunft, d. i. auf unveränderlichen Zusammenhang, und wesentliche Verbindung zwischen den Begriffen. [...] Zu den Wahrheiten der zwoten Classe wird, außer der Vernunft, auch noch Beobachtung erfordert. [...] Hingegen die Geschichtswahrheiten [...] können nur von denjenigen vermittelst der Sinne wahrgenommen werden, die zu der Zeit und an dem Orte zugegen gewesen, als sie sich in der Natur zugetragen haben; von jedem anderen müssen sie auf Autorität und Zeugniß angenommen werden. [...]
[3] Ich glaube also nicht, daß die Kräfte der menschlichen Vernunft nicht hinreichen, sie von den ewigen Wahrheiten zu überführen, die zur menschlichen Glückseligkeit unentbehrlich sind.

Quelle: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder ueber religioese Macht und Judentum S. 32-40, Auszüge.
Edition: Erstdruck

Themen:

  • Judentum und Islam
  • Vernunft
  • Wahrheit