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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Plutarch von Chaironeia: Gegen Kolotes 68 A 57 (Demokrit nach Plutarch von Chaironeia)

Original:

Der Mittelplatoniker Plutarch (geb. um 45 in Chaironeia; gest. um 125) liefert eine Deutung der Lehre des Demokrit
τί γὰρ λέγει Δημόκριτος; οὐσίας ἀπείρους τὸ πλῆθος ἀτόμους τε καὶ ἀδιαθόρους, ἔτι δ᾿ ἀποίους καὶ ἀπαθεῖς ἐν τῷ κενῷ φέρεσθαι διεσπαρμένας· ὅταν δὲ πελάσωσιν ἀλλήλαις ἢ συμπέσωσιν ἢ περιπλακῶσι, φαίνεσθαι τῶν ἀθροιζομένων τὸ μὲν ὕδωρ τὸ δὲ πῦρ τὸ δὲ φυτὸν τὸ δ᾿ ἄνθρωπον, εἶναι δὲ πάντα τοὺς ἀτόμους, ,ἰδέας‘ ὑπ᾿ αὐτοῦ καλουμένας, ἕτερον δὲ μηδέν.

Quelle: Plutarch von Chaironeia: Gegen Kolotes /Πρὸς Κωλώτην /Adversus Colotem (Adv. Col.) 68 A 57 (Demokrit nach Plutarch von Chaironeia).
Edition: Plutarchi Moralia. Recensuerunt et emendaverunt E. Paton / K. Ziegler et al. Volumen 1–6, 3, Leipzig / Stuttgart 1925–1978.

Auslegung:

Der Text ist bedeutsam als eine zusammenfassende Darstellung von Demokrits Atomismus: Die Dinge der Welt, bereits die Elemente, sind zusammengesetzt aus Atomen, die sich frei im Raum bewegen. Die Terminologie verweist dabei auf Platon und Aristoteles, wenn die Atome wahlweise als „Idee“ oder „Substanz“ (ousia) verstanden wird, doch meint Demokrit mit diesen Begriffen etwas ganz anderes, nämlich die Atome. – Konkret fallen leichte Atome nach unten, während schwere nach oben steigen. Die Entstehung der Welt erfolgt dabei ursprünglich durch ein zufälliges Zusammenballen von Atomen. Dabei entstehen Zusammenballungen von einer gewissen Größe, die wahrgenommen werden können. – Besser verständlich wird diese Theorie, wenn man sie vor ihrem philosophiehistorischen Hintergrund betrachtet: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die nicht teilbaren und daher ewigen Atome in gewissem Sinne die Stelle von Parmenides’ Seiendem einnehmen. Damit erweist sich der Atomismus als eine andere Variante der Beschreibung des Grundproblems des Zusammenhangs von unveränderlichem und veränderlichem Sein. Der antike Atomismus ist somit keine auf empirischen Daten beruhende Hypothese, sondern eine philosophische Theorie, die auf eine gewisse Diskussion aufbaut. Ihre geistesgeschichtliche Bedeutung lässt sich aber daran ermessen, dass hier erstmals eine Theorie vorliegt, die ohne ein göttliches Prinzip, das die Welt regiert, auskommt. – Wirkungsgeschichtlich hat die Begrifflichkeit des antiken Atomismus Pate gestanden für den modernen Atomismus, der freilich eine ganz anders geartete naturwissenschaftliche Theorie ist.

Themen:

  • Atome
  • Demokrit
  • Antike Philosophie I
  • Ideen

Denn was behauptet Demokrit? Im Leeren bewegten sich Substanzen, der Zahl nach unendlich wie auch unteilbar und unterschiedslos und ohne Qualität und für Einwirkung unempfänglich; wenn sie sich einander näherten oder zusammenstießen oder verflöchten, so träten einige dieser Anhäufungen als Wasser, andere als Feuer, andere als Pflanze und wieder andere als Mensch in Erscheinung. Alles sei Atome, von ihm "Ideen" genannt, und weiter sei nichts.

Übersetzer: Mansfeld, leicht geändert