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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Aristoteles: Nikomachische Ethik VI 2, 1139a 29-36. b 3-5

Original:

Aristoteles erklärt die Elemente der Vorzugswahl (prohairesis/προαίρεσις) bzw. Entscheidung
τοῦ δὲ πρακτικοῦ καὶ διανοητικοῦ ἀλήθεια ὁμολόγως ἔχουσα τῇ ὀρέξει τῇ ὀρθῇ. πράξεως μὲν οὖν ἀρχὴ προαίρεσις—ὅθεν ἡ κίνησις ἀλλ’ οὐχ οὗ ἕνεκα—προαιρέσεως δὲ ὄρεξις καὶ λόγος ὁἕνεκά τινος. διὸ οὔτ’ ἄνευ νοῦ καὶ διανοίας οὔτ’ ἄνευ ἠθικῆς ἐστὶν ἕξεως ἡ προαίρεσις· [...] ἡ γὰρ εὐπραξία τέλος, ἡ δ’ ὄρεξις τούτου. διὸ ἢ ὀρεκτικὸς νοῦς ἡ προαίρεσις ἢ ὄρεξις διανοητική, καὶ ἡ τοιαύτη ἀρχὴ ἄνθρωπος.

Quelle: Aristoteles: Nikomachische Ethik /Ethica Nicomachea (EN) VI 2, 1139a 29-36. b 3-5.
Edition: N.N.

Auslegung:

- Vorzugswahl ist also der Grund für eine Handlung, und dies geht auf Streben und Denken zurück
- beides ist zielgerichtet, weswegen das infrage stehende Streben im strengen Sinne Überlegung ist
- zugleich ist das richtige Streben, d.h. das zur wahren Eudaimonia, Kriterium des guten Handelns
- die Prohairesis entpuppt sich also als Verbindung von Wollen und Denken
→ gegenüber Sokrates tritt also das Streben als weiteres Element neben das Denken bzw. Wissen, ist aber von diesem überformt

Themen:

  • Freiheit
  • Antike Philosophie I
  • Mensch und Seele

Beim Praktischen und dem Denken Unterliegenden stimmt die Wahrheit mit dem richtigen Streben überin. Der Ursprung für eine Handlung – woher die Bewegung stammt, nicht worum willen sie erfolgt – ist eine Wahl, und für die Wahl sind es ein Streben und ein Nachdenken, das auf etwas abzielt. Deswegen gibt es eine Wahl weder ohne Geist und Denken noch ohne ethischen Habitus. [...] Denn das Gut-Handeln ist ein Ziel, das Streben richtet sich aber hierauf. Deswegen ist die Wahl entweder strebendes Denken oder denkendes Streben, und ein so gearteter Ursprung ist der Mensch.

Übersetzer: Matthias Perkams in Anlehnung an U. Wolf