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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat V 8 (p. 201, 12-22 Dombart/Kalb)

Original:

Augustinus konstatiert eine sachliche Nähe der Christen zur Stoa in der Frage nach der göttlichen Bestimmung der Welt
a) Qui [...] omnium conexionem seriemque causarum, qua fit omne quod fit, fati nomine appellant: non multum cum eis de verbi controversia laborandum atque certandum est, quando quidem ipsum causarum ordinem et quandam conexionem dei summi tribuunt voluntati et potestati, qui optime et veracissime creditur et cuncta scire antequam fiant et nihil inordinatum relinquere;
b) a quo sunt omnes potestates, quamvis ab illo non sunt omnes voluntates.

Quelle: Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat /De civitate dei V 8 (p. 201, 12-22 Dombart/Kalb).
Edition: Augustinus, De civitate dei: Sancti Aurelii Augustini De civitate dei libri. Ad fidem quartae editio- nis Teubnerianae quam a. 1927–1928 curaverunt G. Dombart / A. Kalb paucis emendatis mutatis additis. Tomus 1–2 (CCL 47–48), Turnhout 1955.

Auslegung:

Dieser Text eröffnet Augustinus’ Diskussion über göttliche Vorherbestimmung und menschliche Freiheit im Fünften Buch seines „Gottesstaats“ (De civitate dei). Im Hinblick auf die Gültigkeit einer guten göttlichen Weltordnung konstatiert Augustinus eine sachliche Nähe der Christen zur Stoa: Ebenso wie die Stoiker meinen, alles geschehe durch das alles regierende Schicksal bzw. Fatum (vgl. Zitat Nummer 213), so meinen Christen nach Augustinus, alles geschehe durch die göttliche Weltordnung. Wie kann es aber dann menschliche Freiheit geben? Im letzten Satz deutet Augustinus seine Lösung an: Zwar haben alle Elemente der Welt ihre Handlungsfähigkeit von Gott eingeräumt bekommen, ihre Willensentscheidungen stehen aber in ihrer eigenen Macht (vgl. Zitat Nummer 612).

Themen:

  • Freiheit
  • Stoa
  • Apologetik
  • Vorherbestimmtheit
  • Schicksal (Fatum)

a) Mit denen, die die Verbindung und Reihe aller Ursachen, durch die alles geschieht, was geschieht, mit dem Begriff ,fatumʻ (Schicksal) bezeichnen, muss man sich nicht lange in einem Streit um Worte abmühen und auseinandersetzen, weil sie ja die Ordnung der Ursachen und eine bestimmte Verbindung dem Willen und der Macht des höchsten Gottes zuschreiben, von dem man sowohl glaubt, dass er alles am besten und wahrhaftigsten weiß, bevor es geschieht, als auch, dass er nichts ungeordnet lässt.
b) Von ihm stammen alle Mächte, obwohl von ihm nicht alle Willensentscheidungen stammen.

Übersetzer: Matthias Perkams