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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thomas von Aquin: Das Schlechte q. 6, l. 425-449

Original:

Thomas von Aquin über Grenzen der Notwendigkeit des Wollens
[1] Cum autem consilia et electiones sint circa particularia, quorum est actus, requiritur ut id quod apprehenditur ut bonum et conveniens, apprehendatur ut bonum et conveniens in particulari, et non in universali tantum. Si ergo apprehendatur aliquid ut bonum conveniens secundum omnia particularia quae considerari possunt, ex necessitate movebit voluntatem; et propter hoc homo ex necessitate appetit beatitudinem [...].

[2] Dico autem ex necessitate quantum ad determinationem actus, quia non potest velle oppositum; non autem quantum ad exercitium actus, quia potest aliquis non velle tunc cogitare de beatitudine; quia etiam ipsi actus intellectus et voluntatis particulares sunt. Si autem sit tale bonum quod non inveniatur esse bonum secundum omnia particularia quae considerari possunt, non ex necessitate movebit etiam quantum ad determinationem actus; poterit enim aliquis velle eius oppositum, etiam de eo cogitans, quia forte est bonum vel conveniens secundum aliquod aliud particulare consideratum, sicut quod est bonum sanitati, non est bonum delectationi.

Quelle: Thomas von Aquin: Das Schlechte /De malo q. 6, l. 425-449.
Edition: N.N.

Auslegung:

Thomas sieht eine Grenzen der Notwendigkeit des Wollens darin, dass es etwas geben kann, z.B. die Eudaimonie, die alle einzelnen Menschen wollen. (VL Freiheit)

Themen:

  • Freiheit
  • Glückseligkeit
  • Wollen

[1] Weil also Ratschläge und Wahlen sich auf Einzelnes erstrecken, auf das sich das Handeln bezieht, ist erforderlich, dass das, was als gut und angemessen aufgefasst wird, als gut und angemessen im Einzelnen aufgefasst wird, und nicht nur im Allgemeinen. Wenn also etwas im Hinblick auf alles Einzelne, was überhaupt betrachtet werden kann, als angemessenes Gut aufgefasst wird, wird es den Willen aus Notwendigkeit bewegen; und deswegen erstrebt der Mensch aus Notwendigkeit die Glückseligkeit. [...]

[2] ,Aus Notwendigkeit‘ sage ich aber im Hinblick auf die Bestimmung der Handlung, weil man das Gegenteil nicht wollen kann; aber nicht im Hinblick auf die Ausführung der Handlung, denn jemand kann zu diesem Zeitpunkt nicht an die Glückseligkeit denken wollen; denn auch die Handlungen des Intellektes und des Willens sind selbst Einzelnes. Wenn es aber ein solches Gut ist, das nicht im Hinblick auf alles Einzelne, das betrachtet werden kann, gut gefunden wird, wird es auch im Hinblick auf die Bestimmung der Handlung nicht aus Notwendigkeit bewegen; denn jemand wird das Gegenteil davon wollen können, auch wenn er daran denkt, weil es wohl gut oder angemessen in Bezug auf irgendeinen anderen betrachteten Einzelgesichtspunkt ist, so wie das, was gut für die Gesundheit, nicht gut für die Freude ist.

Übersetzer: Matthias Perkams