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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Simplikios: Aristoteles Physik Kommentar S. 1249, 12-17

Original:

Der neuplatonische Aristoteles-Kommentator Simplikios formuliert Prinzipien für die Etablierung der Harmonie zwischen Platon und Aristoteles
ὥστε οὐ περὶ πρᾶγμα νῦν, ἀλλὰ περὶ τοῖς φιλοσόφοις ἐστὶν ἡ διαφορά, ὥσπερ καὶ ἐν τοῖς πλείοσι τῶν ἄλλων. αἴτιον δὲ οἶμαι <γίνε>ται πολλαχοῦ τὸ τὸν μὲν Ἀριστοτέλη τὴν συνήθειαν τῶν ὀνομάτων βούλεσθαι φυλάττειν καὶ ἀπὸ τῶν τῇ αἰσθήσει ἐναργῶν τὰς ἐπιχειρήσεις ποιεῖσθαι, τὸν δὲ Πλάτωνα τούτων μὲν καταφρονεῖν πολλάκις, πρὸς δὲ τὰς νοητὰς θεωρίας εὐκόλως ἀνατρέχειν.

Quelle: Simplikios: Aristoteles Physik Kommentar /In Aristotelis Physica commentaria (in Ph.) S. 1249, 12-17.
Edition: Simplicius, In Physica: Simplicii in Aristotelis Physicorum libros commentaria. Edidit H. Diels. Tomus 1–2 (CAG 9–10), Berlin 1882–1895.

Auslegung:

Der vorliegende Text ist eine klassische Formulierung der philosophischen Sichtweise, die man als „Harmonie von Platon und Aristoteles“ bezeichnet hat. Demzufolge müssen beide Philosophen so interpretiert werden, dass sie möglichst als Repräsentanten eines einheitlichen Systems erscheinen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist, die von beiden verwendeten Begriffe konsequent unterschiedlich zu verstehen, so dass beide Autoren so gelesen können, als meinten sie dasselbe, wenn sie Verschiedenes sagen. Beispielsweise wird dann angenommen, Platon verwende das Wort „Bewegung“ für die Struktur der Ideen, Aristoteles für Veränderung in der sinnlich wahrnehmbaren Welt. – Von Bedeutung dafür, dass sich diese Lehre durchsetzt, ist der historische Hintergrund, eine einheitliche philosophische Position zu entwickeln, die in Konkurrenz zur (mehr oder weniger) einheitlichen christlichen Lehre treten kann. Die Position der Harmonie von Platon und Aristoteles beeinflusst die Interpretationsgeschichte stark und bildet die Grundlage für viele philosophische Entwicklungen in der arabischen Welt (vgl. Zitate Nummer 503 und 507), im lateinischen Mittelalter und in der Renaissance.

Themen:

  • Antike Philosophie I
  • Auslegung (autoritativer Schriften)
  • Neuplatonismus
  • Harmonie (zwischen Platon und Aristoteles)
  • Kommentar/Kommentierung

Folglich besteht der Unterschied zwischen den Philosophen jetzt, wie in den meisten anderen Fällen, nicht in der Sache, sondern nur in der Benennung. Die Ursache dafür ist, glaube ich, häufig, dass Aristoteles den alltäglichen Wortgebrauch bewahren und die Beweise im Ausgang von dem in sinnlicher Wahrnehmung Klaren ausgehend formulieren möchte, während Platon diese häufig geringschätzt, und leichter Hand zur geistigen Betrachtung aufsteigt.

Übersetzer: Matthias Perkams