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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Lukian von Samosata: Hermotimos 2

Original:

Lukian von Samosata (2. Jh.) schildert die Ziele des stoischen Philosophieschülers Hermotimos
L.: εἰ γάρ τι μέμνημαι, σχεδὸν εἴκοσιν ἔτη ταῦτά ἐστιν ἀφ’ οὗ σε οὐδὲν ἄλλο ποιοῦντα ἑώρακα, ἢ παρὰ τοὺς διδασκάλους φοιτῶντα καὶ ὡς τὸ πολὺ ἐς βιβλίον ἐπικεκυφότα καὶ ὑπομνήματα τῶν συνουσιῶν ἀπογραφόμενον; [...]
H.: ἡ δ’ Ἀρετὴ πάνυ πόρρω [...] οἰκεῖ καὶ ἔστιν ὁ οἶμος ἐπ’ αὐτὴν μακρός τε καὶ ὄρθιος καὶ τρηχύς, ἱδρῶτα οὐκ ὀλίγον ἔχων τοῖς ὁδοιπόροις. [...]
L.: Οὐχ ἱκανὰ οὖν ἵδρωταί σοι, ὦ Ἑρμότιμε, καὶ ὡδοιπόρηται;
H.: Οὔ, φημί· οὐδὲν γὰρ ἂν ἐκώλυέ με πανευδαίμονα εἶναι ἐπὶ τῷ ἄκρῳ γενόμενον. [...]

Quelle: Lukian von Samosata: Hermotimos /Ἑρμότιμος ἢ Περὶ Αἱρέσεων /Hermotimos 2.
Edition: Luciani Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit M. D. Macleod. Tomus 2: Libelli 69–86, Oxford 1987, S. 17–84.

Auslegung:

Lukian von Samosata (ca. 120-180/200 n. Chr.) ist der wohl bekannteste antike Satiriker. Besonders interessiert ist er an der Praxis der antiken Philosophie, die er gerne durch einen Vergleich ihres hohen Ideals mit ihrer praktischen Ausführung verspottet. Das zeigt sich an dieser Stelle daran, dass der Philosophieschüler Hermotimos sich inzwischen 20 Jahre mit philosophischen Lehren abplagt und doch nur Gemeinplätze zu sagen hat. Wenn sein Freund Lykinos (beachte die Namensähnlichkeit zu Lukian!) ihn kritisch befragt, entsteht ein Dialog, in dem der Laie den Experten lächerlich macht. Das erinnert an den sokratischen Dialog, ist jedoch hier ohne die sokratische Perspektive durchgeführt. Stattdessen liegt der Akzent auf der Absurdität der geschilderten Situation.

Themen:

  • Wege des Ich
  • Hermotimos
  • Dialog (philosophischer)
  • Philosophen (Stereotypen über)
  • Philosophieunterricht
  • Philosophie als Lebensform
  • Satire

Lykinos: Wenn ich mich nicht irre, müssen es jetzt doch schon bald 20 Jahre sein, dass ich dich mit nichts anderem mehr beschäftigt sehe als mit deinen Lehrern, deinen Büchern und deinen Vorlesungsmitschriften? [...]
Hermotimos: Die Tugend wohnt weit weg [...], und der Pfad, der zu ihr führt, ist lang, steil und steinig – und nicht wenig schweißtreibend für die Wanderer! [...]
L.: Und – noch nicht genug geschwitzt, noch nicht genug gewandert?
H.: Nein, nein, und nochmals nein. Nichts würde mich ja vom völligen Glück trennen, wäre ich erst auf dem Gipfel.

Übersetzer: P. von Moellendorff, leicht geändert von Matthias Perkams