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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Lukian von Samosata: Hermotimos 11 f

Original:

Mögliche Gründe für das Ausfallen des Philosophieunterichts nach Lukian
πινάκιον γάρ τι ἐκρέματο ὑπὲρ τοῦ πυλῶνος μεγάλοις γράμμασι λέγον “Τήμερον οὐ συμφιλοσοφεῖν.” ἐλέγετο δὲ παρ’ Εὐκράτει τῷ πάνυ δειπνήσας χθὲς γενέθλια θυγατρὸς ἑστιῶντι πολλά τε συμφιλοσοφῆσαι ἐν τῷ συμποσίῳ καὶ πρὸς Εὐθύδημον τὸν ἐκ τοῦ Περιπάτου παροξυνθῆναί τι καὶ ἀμφισβητῆσαι αὐτῷ περὶ ὧν ἐκεῖνοι εἰώθασιν ἀντιλέγειν τοῖς ἀπὸ τῆς Στοᾶς. [...]
H.: Ἐκράτησε δὲ πότερος, ὦ Λυκῖνε, ὁ διδάσκαλος ἢ ὁ Εὐθύδημος; [...]
L.: Τὰ μὲν πρῶτά φασιν, ὦ Ἑρμότιμε, ἀγχώμαλα σφίσι γενέσθαι, τὸ δ’ οὖν τέλος τῆς νίκης καθ’ ὑμᾶς ἐγένετο καὶ παρὰ πολὺ ὁ πρεσβύτης ὑπερέσχε. τὸν γοῦν Εὐθύδημον οὐδὲ ἀναιμωτί φασιν ἀπελθεῖν, ἀλλὰ τραῦμα παμμέγεθες ἔχοντα ἐν τῇ κεφαλῇ. ἐπεὶ γὰρ ἀλαζὼν ἦν καὶ ἐλεγκτικὸς καὶ πείθεσθαι οὐκ ἤθελεν οὐδὲ παρεῖχε ῥᾴδιον αὑτὸν ἐλέγχεσθαι, ὁ διδάσκαλός σου ὁ βέλτιστος ὃν εἶχε σκύφον Νεστόρειόν τινα καταφέρει αὐτοῦ πλησίον κατακειμένου, καὶ οὕτως ἐκράτησεν.
H.: Εὖ γε. οὐ γὰρ ἄλλως ἐχρῆν πρὸς τοὺς μὴ ἐθέλοντας εἴκειν τοῖς κρείττοσιν.

Quelle: Lukian von Samosata: Hermotimos /Ἑρμότιμος ἢ Περὶ Αἱρέσεων /Hermotimos 11 f.
Edition: Luciani Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit M. D. Macleod. Tomus 2: Libelli 69–86, Oxford 1987, S. 17–84.

Auslegung:

In der Fortsetzung von Lykinos‘ satirischem Gespräch mit dem Philosophieschüler Hermotimos (vgl. Zitat Nummer 754 und 755) wird wiederum das Auseinanderklaffen von philosophischem Ideal und Wirklichkeit aufs Korn genommen: Als Anlass des Gesprächs zeigt sich, dass die Schule geschlossen ist, weil Hermotimos’ stoischer Philosophielehrer seinen Rausch ausschlafen muss – also schon ein schlechter Stoiker ist, weil er sich keinesfalls von leiblichen Genüssen fernhält. Zudem diskutiert er nicht sachlich, sondern gewinnt die Diskussion gewaltsam – was Hermotimos, dessen Naivität durch den Philosophieunterricht also nicht gemindert wurde – auch noch gutheißt. Zu beachten ist auch, dass der Text eine offensichtliche Anspielung auf Platons Symposion enthält, dessen literarische Einkleidung von späteren Philosophen offenbar allzu wörtlich genommen wurde.

Themen:

  • Wege des Ich
  • Antike Philosophie II
  • Dialog (philosophischer)
  • Hermotimos
  • Philosophen (Stereotypen über)
  • Philosophie als Lebensform
  • Philosophieunterricht
  • Philosophische Diskussion
  • Satire
  • Glückseligkeit (Eudaimonia)

L.: An der Tür hing ein Täfelchen, darauf stand in großen Buchstaben "Heute wird nicht philosophiert". Es hieß, [dein Lehrer] habe den Abend bei dem wohlbekannten Euphrates gefeiert, der zum Geburtstag seiner Tochter einlud. Während des Symposions habe er viel philosophiert, sich mit dem Peripatetiker Euthydemos angelegt und sei mit ihm über einen der üblichen Punkte, wo sie den Stoikern widersprechen, in die Haare geraten. [...]
H.: Wer hat denn gewonnen, Lykinos, mein Lehrer oder Euthydemos? [...]
L.: Am Anfang, sagt man, stand es noch unentschieden, aber am Ende war der Sieg Eurer, und der alte Mann war turmhoch überlegen. Euthydemos, heißt es, ist dabei allerdings nicht ohne Blutvergießen nach Hause gekommen, sondern mit einem gewaltigen Loch im Kopf. Denn er war frech und spitzfindig und wollte sich nicht überzeugen lassen, er gab sich wohl auch nur wenige Blößen, und da packte Dein Lehrer, der Gute, seinen Pokal, einen wahren Nestorbecher, und drosch ihm, er lag ja neben ihm, damit auf den Kopf – und so siege er.
H.: Jawoll! Genau so muss man mit Leuten umgehen, die den Besseren nicht weichen wollen.

Übersetzer: P. von Moellendorff, leicht geändert von Matthias Perkams