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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Lukian von Samosata: Hermotimos 46f

Original:

Lukian über die Aporie der philosophisch Wahrheitssuchenden
L.: ἔχεις μοί τινα εἰπεῖν ἁπάσης ὁδοῦ πεπειραμένον ἐν φιλοσοφίᾳ καὶ ὃς τά τε ὑπὸ Πυθαγόρου καὶ Πλάτωνος καὶ Ἀριστοτέλους καὶ Χρυσίππου καὶ Ἐπικούρου καὶ τῶν ἄλλων λεγόμενα εἰδὼς τελευτῶν μίαν εἵλετο ἐξ ἁπασῶν ὁδῶν ἀληθῆ τε δοκιμάσας καὶ πείρᾳ μαθὼν ὡς μόνη ἄγει εὐθὺ τῆς εὐδαιμονίας; εἰ γάρ τινα τοιοῦτον εὕροιμεν, παυσόμεθα πράγματα ἔχοντες.
H.: Οὐ ῥᾴδιον, ὦ Λυκῖνε, τοιοῦτον ἄνδρα εὑρεῖν.

Quelle: Lukian von Samosata: Hermotimos /Ἑρμότιμος ἢ Περὶ Αἱρέσεων /Hermotimos 46f.
Edition: Luciani Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit M. D. Macleod. Tomus 2: Libelli 69–86, Oxford 1987, S. 17–84.

Auslegung:

Nach den sehr ironisierenden Anfängen seines Dialogs mit Hermotimos (Zitate Nummer 754-756) lenkt die Hauptfigur Lykinos das Gespräch auf ein reales Problem: Wie soll man überhaupt zu einem Urteil darüber kommen, welche Philosophenschule die Wahrheit lehrt, wenn niemand in allen Schulen studiert hat? Damit wird besonders das Problem von Zitat Nummre 755, b) wieder aufgenommen: Wie soll man wissen, dass irgendwer recht hat. Auf die aufgeworfene Frage hat nicht nur Hermotimos keine Antwort, sondern sie ist ein Strukturproblem der antiken Philosophie, da diese in verschiedenen, miteinander rivalisierenden Schulen organisiert ist.

Themen:

  • Wahrheit
  • Wege des Ich
  • Antike Philosophie II
  • Dialog (philosophischer)
  • Hermotimos
  • Philosophen (Stereotypen über)
  • Philosophische Diskussion
  • Satire
  • Glückseligkeit (Eudaimonia)

L.: Kannst Du mir jemand nennen, der jeden Weg in der Philosophie versucht hat, der die Lehre des Pythagoras, des Platon, des Aristoteles, des Chrysipp des Epikur und der übrigen kennt und deshalb schließlich aus all den vielen Wegen einen Weg gewählt hat, weil er ihn für den richtigen erachtete und, da er ihn ausprobiert hat, weiß, dass er allein zum Glück führt? Wenn wir so einen finden, dann hat unsere Not ein Ende.
H.: Nicht einfach, Lykinos, so einen Mann zu finden.

Übersetzer: P. von Moellendorff, leicht geändert von Matthias Perkams