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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Lukian von Samosata: Hermotimos 71-73

Original:

Lukian präsentiert das philosophische Glücksideal als Chimäre
H.: Οἷά με εἰργάσω, ὦ Λυκῖνε, ἄνθρακάς μοι τὸν θησαυρὸν ἀποφήνας, καὶ ὡς ἔοικεν ἀπολεῖταί μοι τὰ τοσαῦτα ἔτη καὶ ὁ κάματος ὁ πολύς.
L.: Ἀλλ’, ὦ Ἑρμότιμε, πολὺ ἔλαττον ἀνιάσῃ, ἢν ἐννοήσῃς ὅτι οὐ μόνος ἔξω μένεις τῶν ἐλπισθέντων ἀγαθῶν, ἀλλὰ πάντες ὡς ἔπος εἰπεῖν περὶ ὄνου σκιᾶς μάχονται οἱ φιλοσοφοῦντες. [...] Ἀλλὰ σύ, ὦ φιλότης, μὴ πάθῃς αὐτὸ πρὸς ἐμέ, εἴ σε θησαυροὺς ἀνορύττοντα καὶ πετόμενον καί τινας ἐννοίας ὑπερφυεῖς ἐννοοῦντα καί τινας ἐλπίδας ἀνεφίκτους ἐλπίζοντα φίλος ὢν οὐ περιεῖδον διὰ παντὸς τοῦ βίου ὀνείρῳ ἡδεῖ μὲν ἴσως, ἀτὰρ ὀνείρῳ γε συνόντα, διαναστάντα δὲ ἀξιῶ πράττειν τι τῶν ἀναγκαίων καὶ ὅ σε παραπέμψει ἐς τὸ λοιπὸν τοῦ βίου τὰ κοινὰ ταῦτα φρονοῦντα. ἐπεὶ ὅ γε νῦν ἔπραττες καὶ ἐπενόεις, οὐδὲν τῶν Ἱπποκενταύρων καὶ Χιμαιρῶν καὶ Γοργόνων διαφέρει [...]. καὶ ὅμως ὁ πολὺς λεὼς πιστεύουσιν αὐτοῖς.

Quelle: Lukian von Samosata: Hermotimos /Ἑρμότιμος ἢ Περὶ Αἱρέσεων /Hermotimos 71-73.
Edition: Luciani Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit M. D. Macleod. Tomus 2: Libelli 69–86, Oxford 1987, S. 17–84.

Auslegung:

Zum Abschluss seines kritisch-satirischen Dialogs Hermotimos (vgl. Zitate Nummer 754-757) fasst Lykinos zusammen, dass das philosophische Glücksideal, an das Hermotimos glaubte, sich am Ende als irreal, ja als Chimäre erwiesen hat, und fordert Hermotimos auf, ihm dankbar zu sein. Somit zeigt sich, dass Lukians Dialog nicht eine reine Satire ist, sondern in der satirischen Form auch einen philosophischen Punkt macht, nämlich eine Warnung davor, die Philosophie als unrealistisch abstraktes Glücksversprechen zu sehen.

Themen:

  • Wege des Ich
  • Antike Philosophie II
  • Dialog (philosophischer)
  • Hermotimos
  • Philosophen (Stereotypen über)
  • Philosophie als Lebensform
  • Philosophieunterricht
  • Satire
  • Glückseligkeit (Eudaimonia)

H.: Was hast du mir angetan, Lykinos! Mein Schatz – nichts als Kohlen! Und so viele Jahre, so viel Mühe – verschenkt!
L.: Aber, Hermotimos, du wirst weit weniger traurig sein, wenn du dir klarmachst, dass du nicht der einzige bist, dem das erhoffte Glück versagt bleibt, sondern dass alle sozusagen um des Esels Schatten kämpfen. [...] Du aber, mein Lieber, mach das nicht an mir fest. Ich habe eben einfach nur nicht weggeschaut, als du Schätze ausgegraben hast, geflogen bist und dich übernatürlichen Ansichten verschrieben und unerfüllbaren Hoffnungen hingegeben hast. Ich bin dein Freund, und deswegen, konnte ich nicht mit ansehen, wie du dein ganzes Leben einem Traum nachhängst, einem angenehmen Traum vielleicht, aber doch nur einem Traum. Vielmehr verlange ich von dir, dass du aufstehst und das Alltägliche erledigst, was dich außerdem dazu bringen wird, für den Rest des Lebens deine Aufmerksamkeit auf diese die Allgemeinheit betreffenden Dinge zu richten. Denn was du jedenfalls bis jetzt getan und gedacht hast, ist kaum zu unterscheiden von den Kentauren, den Chimären und den Gorgonen und all den anderen Hirngespinsten [...]. Und doch glaubt die Masse an sie.

Übersetzer: P. von Moellendorff, leicht geändert