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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Meister Eckhart : Deutsche Predigt 10 (11), S. 165, 4-12

Original:

Meister Eckhart über die Natur der Seele
Diu sȇle hȃt zwei ougen, einz inwendic und einz ȗzwendic. Daz inner ouge der sȇle ist, daz in daz wesen sihet und sȋn wesen von gote ȃne allez mitel nimet: daz ist sȋn eigen werk. Daz ȗzer ouge der sȇle ist, daz dȃ gekȇret ist gegen allen crȇatȗren und die merket nȃch bildelȋcher wȋse und nȃch kreftlȋcher wȋse. Welher mensche nȗ in sich selber wirt gekȇret, daz er bekennet got in sȋnem eigenen smacke und in sȋnem eigenem grunde, der mensche ist gevrȋet von allen geschaffenen dingen und ist in im selber beslozzen in einem wȃren slozze der wȃrheit.

Quelle: Meister Eckhart : Deutsche Predigt 10 (11), S. 165, 4-12.
Edition: dt. Werke 1

Themen:

  • Gott
  • Seele
  • Wege des Ichs

Die Seele hat zwei Augen, in inneres und ein äußeres. Das innere Auge der Seele ist jenes, das in das Sein schaut und sein Sein ganz unmittelbar von Gott empfängt: dies ist sein ihm eigenes Werk. Das äußere Auge der Seele ist jenes, das da allen Kreaturen zugewendet ist und sie in bildhafter Weise und in der Wirkweise einer Kraft wahrnimmt. Der Mensch aber nun, der in sich selbst gekehrt wird, so dass er Gott in dessen eigenem Geschmack und in dessen eigenem Grunde erkennt, ein solcher Mensch ist befreit von allen geschaffenen Dingen und ist in sich selbst verschlossen unter einem Schlosse der Wahrheit.

Übersetzer: Quint S. 203, Z. 17-26