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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Meister Eckhart : Buch der göttlichen Tröstung S. 60, 25-61, 9

Original:

Meister Eckhart über die Belehrung aller Menschen
Ein heidenischer meister, Senecȃ, sprichet: man sol von grȏzen und von hȏhen dingen mit grȏzen und mit hȏhen sinnen sprechen und mit erhabenen sȇlen. Ouch sol man sprechen, daz man sȏgetȃne lȇre niht ensol sprechen noch schrȋben ungelȇrten. Dar zuo spriche ich: ensol man niht lȇren ungelȇrte liute, sȏ enwirt niemer nieman gelȇret, sȏ enmac nieman lȇren noch schrȋben. Wan dar umbe lȇret man die ungelȇrten, daz sie werden von ungelȇret gelȇret. [...] Dar umbe ist der arzȃt, daz er die siechen gesunt mache. [...] Sant Johannes sprichet daz heilige ȇwangelium allen geloubigen und ouch allen ungeloubigen, daz sie geloubic werden, und doch beginnet er daz ȇwangelium von dem hoehsten, daz kein mensche von gote hie gesprechen mac.

Quelle: Meister Eckhart : Buch der göttlichen Tröstung S. 60, 25-61, 9.
Edition: dt. Werke 5

Themen:

  • Wege des Ichs
  • Belehrung
  • Seneca

Ein heidnischer Meister, Seneca, spricht: ,Man soll von großen und hohen Dingen mit großen und hohen Sinnen sprechen und mit erhabener Seele‘. Auch wird man sagen, dass man solche Lehren nicht für Ungelehrte sprechen und schreiben solle. Dazu sage ich: Soll man nicht ungelehrte Leute lehren, so wird niemals wer gelehrt, und so kann niemand lehren oder schreiben. Denn darum belehrt man die Ungelehrten, dass sie aus Ungelehrten zu Gelehrten werden. [...] Dazu ist der Arzt da, dass er die Kranken gesund mache (vgl. Lukas 5, 31). [...] Sankt Johannes verkündet das heilige Evangelium allen Gläubigen und auch allen Ungläubigen, auf dass sie gläubig werden, und doch beginnt er das Evangelium mit dem Höchsten, das ein Mensch über Gott hier auszusagen vermag.

Übersetzer: Quint S. 139, Z. 1-16