Original:
Spinoza erklärt alle anderen Substanzen zu Attributen Gottes
Propositio XIV. Praeter Deum nulla dari, neque concipi potest substantia.
Demonstratio. Cum Deus sit ens absolute infinitum, de quo nullum attributum, quod essentiam substantiae exprimit, negari potest, (per Defin. 6.) isque necessario existat (per Prop. 11) si aliqua substantia praeter Deum daretur, ea explicari deberet per aliquod attributum Dei [...]; adeoque nulla substantia extra Deum dari potest, et consequenter non etiam concipi. [...]
Quelle:
Spinoza, Baruch de:
Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet
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Ethica more geometrico ordinata
1, Lehrsatz 14 (p. 104f. = 11–55f.).
Edition: Spinoza, Baruch de. Tractatus De Intellectus Emendatione. Ethica/Abhandlung über Die Berichtigung des Verstandes. Ethik. Herausgegeben von K. Blumenstock. 4., unveränd. Aufl. Darmstadt: WBG 1989 (= Opera. lateinisch und deutsch, Band 2).
Auslegung:
Hier begründet Spinoza die Einzigkeit Gottes. Das Argument, dass er hierfür angibt, geht von seiner Attributenlehre aus, in der in Gott unendlich viele Attribute aktual existieren. Damit folgt Spinoza der scotischen Erklärung Gottes (Zitat Nummer 822) als aktuale Unendlichkeit entgegen der aristotelischen Position, dass es eine solche aktuale Unendlichkeit nicht geben könne (vgl. Definition 6 in Zitat Nummer 822). Spinoza folgert daraus aber, dass kein Attribut Gott abgesprochen werden kann, so dass jede andere Substanz durch Attribute Gottes erklärt werden müsste. Es ist daher absurd, eine zweite göttliche Substanz anzunehmen, denn diese wäre in diesem Sinne nicht mehr selbständig. Spinozas Argument, das einer langen Reihe von Argumentationen für die Einheit Gottes angehört, funktioniert daher vor dem Hintergrund einer Interpretation einer seiner Definitionen, die selbst keineswegs aus dieser Definition selbst selbstevident ist.
Themen:
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Gott und die Welt
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Substanz
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Gott
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Monotheismus
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Notwendigkeit
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Unendlichkeit