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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet I, Lehrsatz 15 (p. 106f = 12–56f.)

Original:

Spinoza erklärt alles, was ist, für in Gott befindlich
Propositio XV. Quicquid est, in Deo est, et nihil sine Deo esse, neque concipi potest.
Demonstratio. Praeter Deum nulla datur, neque concipi potest substantia, (per 14. Prop.) hoc est (per Defin. 3.) res, quae in se est, et per se concipitur. Modi autem (per Defin. 5) sine substantia nec esse, nec concipi possunt; quare hi in sola divina natura esse et per ipsam solam concipi possunt. Atqui praeter substantias et modos nihil datur. (per Axiom. 1.).

Quelle: Spinoza, Baruch de: Die Ethik, auf geometrische Weise geordnet /Ethica more geometrico ordinata I, Lehrsatz 15 (p. 106f = 12–56f.).
Edition: Spinoza, Baruch de. Tractatus De Intellectus Emendatione. Ethica/Abhandlung über Die Berichtigung des Verstandes. Ethik. Herausgegeben von K. Blumenstock. 4., unveränd. Aufl. Darmstadt: WBG 1989 (= Opera. lateinisch und deutsch, Band 2).

Auslegung:

Hier führt Spinoza seine berühmte Folgerung aus, dass alles, was ist, in Gott ist. Wie er selbst deutlich sagt, folgen seine Argumente hierfür direkt aus den Annahmen, die in seinen Definitionen und Axiomen impliziert sind (vgl. Zitat Nummer 807). Obwohl diese auf den ersten Blick sehr traditionell wirken, verändert doch Spinozas Vorgehen das Verständnis der Wirklichkeit radikal, da es nach dieser Definition nur eine einheitliche Wirklichkeit gibt, die keinen Unterschied von Schöpfer und Geschöpf mehr aufweist. Damit bietet Spinoza einen faszinierenden Rahmen für eine einheitliche, wissenschaftliche Welterklärung.

Themen:

  • Gott und die Welt
  • Substanz
  • Freiheit (Vorlesung)
  • Gott

Lehrsatz 15: Alles, was ist, ist in Gott, und nichts kann ohne Gott sein oder begriffen werden.
Beweis: Außer Gott gibt es keine Substanz und kann keine begriffen werden (nach Lehrsatz 14), das heißt (nach Definition 3) ein Ding, das in sich ist und aus sich begriffen wird. Die Modi aber können (nach Definition 5) ohne Substanz weder sein noch begriffen werden; weshalb dieses allein in der göttlichen Natur sein und durch sie allein begriffen werden können. Nun gibt es aber außer Substanzen und Modi nichts (nach Axiom 1).


Übersetzer: Gebhardt, leicht geändert von Matthias Perkams