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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Abaelard, Peter: Theologia ,Scholarium‘ III 8

Original:

Peter Abaelards wahrscheinliches Argument für Gottes Existenz
Quod a seipso est, natura dignius esse constat quam quod ab alio est. Et omne quod rationis atque intelligentiae capax est, universis aliis excellentius esse non ambigitur. [...] Hominem autem, quamvis rationalis sit, nequaquam suo regimini sufficere constat, cum seipsum, quomodo vult, in huius vitae pelago regere non valeat. Multo igitur minus proprio regimini committi convenit quae, qua se regere possint, ratione carere certum est. Id vero est mundus [...]. Et his quidem vel consimilibus rationibus omnia quae in mundo sunt conditorem seu rectorem habere manifestum arbitror. Quem nos deum dicimus.

Quelle: Abaelard, Peter: Theologia ,Scholarium‘ /Theologia ,Scholarium‘ (Tsch.) III 8.
Edition: N.N.

Auslegung:

Abaelards ethischer Gottesbeweis
- Ausgangspunkt: Würde des Menschen, die sich darin manifestiert, dass er zur Selbstleitung fähig ist
→ Ausgangspunkt von einer bestimmten Beschreibung, d.h. einem Wertbegriff
- Aber: Ungenügen des Menschen, sich selbst zu leiten
→ typisch mittelalterliche Skepsis gegen die Fähigkeit der menschlichen Vernunft zu eigener Lebensführung
- noch schlechtere Situation bei der nicht rationalen Welt
→ Schluss auf den Schöpfer, „den wir Gott nennen“
- deutlich erkennbar: Appell an gewissensmäßig erkennbare Tatsachen: Würde der Vernunft, Begrenztheit der Vernunft, Begrenztheit der Welt
→ Schluss auf den Schöpfer ist angemessen
→ kein philosophisch zwingendes Argument, aber das ist auch nicht gewollt. Überzeugende Elemente sind z.T. noch heute erkennbar

Themen:

  • Gottesbeweis
  • Mittelalterliche Philosophie

Es steht fest, dass das, das von sich selbst her ist, von Natur aus würdiger ist als das, was von einem anderen her ist. Und es besteht keine Diskussion darüber, dass alles, was zu Vernunft und Verständnis fähig ist, über alle anderen hervorragt. [...] Es steht aber fest, dass der Mensch, obwohl er vernünftig ist, keineswegs zur eigenen Leitung fähig ist, da er nicht vermag, sich selbst im Meer dieses Lebens so zu leiten, wie er will. Noch viel weniger ist es also angemessen, dass das eigener Leitung anvertraut ist, was mit Sicherheit keine Vernunft hat, mit der es sich leiten könnte. Das aber ist die Welt [...]. Und ich denke, dass durch diese oder ähnliche Vernunftgründe deutlich ist, dass alles, was in der Welt ist, einen Schöpfer oder Leiter hat. Den nennen wir Gott.

Übersetzer: Matthias Perkams