Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thomas von Aquin: Summa theologiae I I 2, 3

Original:

Thomas von Aquin (1225-1274) über die fünf Wege, Gott zu beweisen (der zweite Weg)
[1] Deum esse [...] quinque viis probari potest. [...]
[2] Secunda via est ex ratione causae efficientis. Invenimus enim in istis sensibilibus esse ordinem causarum efficientium; nec tamen invenitur, nec est possibile quod aliquid sit causa efficiens sui ipsius; quia esset prius seipso quod est impossibile [...]. Si non fuerit primum in causis efficientibus, non erit prima causa efficiens; et sic non erit nec effectus ultimus nec causae efficientes mediae; quod patet esse falsum.

Quelle: Thomas von Aquin: Summa theologiae I /Summa theologiae (Sth.) I 2, 3.
Edition: N.N.

Auslegung:

Die fünf Wege des Thomas von Aquin (VL Mittelalterliche Philosophie)
- Thomas von Aquin geht davon aus, dass Gott nicht in sich bekannt, sondern aus seinen Wirkungen erkannt ist → generelle Betonung aposteriorischer Beweise
- Seine „fünf Wege“ (quinque viae) sind neben Anselm der berühmteste Beweis bzw. die berühmteste Beweisführung.
- Sie gehen aus von der Bewegung, von der Wirkursache, von Möglichkeit und Notwendigkeit, von der Hierarchie des Seienden und von der Regierung der Dinge.
- Ähnliche Struktur der ersten drei Beweise.
- Grundprinzip der Argumentation ist die Unmöglichkeit eines regressus in infinitum → Tradition aus Aristoteles Metaphysik II
- 1. Schritt Aufweis einer beobachtbaren Ursachenkette, 2. Schritt Aufweis der Notwendigkeit weiterer Ursachen durch Ausschluss der Selbstverursachung (bei sinnlichen Dingen), 3. Schritt Argumentation mit der Unmöglichkeit des regressus in infinitum → Erster und zweiter Weg.
- 5. Weg ähnelt strukturell Abaelards Beweis und schließt von der Ordnung der Schöpfung auf einen Schöpfer
- 4. Weg ist in der Struktur neuplatonisch

Thomas von Aquins zweiter Weg (um 1265) beweist Gott aus der Endlichkeit der Wirkursachen (VL Gott und die Welt)
- Beweis fängt an bei den sinnlich wahrnehmbaren Dingen (Physik)
→ empirisches, aposteriorisches Argument
- von hier wird auf die nicht sinnlich wahrnehmbare Welt geschlossen
- Aufweis der Notwendigkeit, dass jedes von etwas anderem verursacht werden muss
→ Frage nach dem Anfang der Verursachung
- Unmöglichkeit des regressus in infinitum
→ es muss einen Anfangspunkt geben, damit es überhaupt Bewegung gibt
- Beweis geht auf Aristoteles (Metaphysik II) zurück; danach z.B. bei Avicenna
- Problem: warum muss man überhaupt annehmen, dass etwas von anderem verursacht ist? Wieso kann Verursachung nicht zirkulär beschrieben werden? Ist der Begriff der Ursache überhaupt zu halten (Al-Gazali, Hume).
- auch der Schluss vom Empirischen auf das nicht empirische nicht wirklich abgesichert
→ tatsächliche Schlusskraft des Beweises kann nicht nachgewiesen werden

Themen:

  • Gottesbeweis
  • Gott und die Welt
  • Mittelalterliche Philosophie

[1] Dass es Gott gibt, kann auf fünf Wegen bewiesen werden. [...]
[2] Der zweite Weg ergibt sich aus dem Konzept der Wirkursache. Denn wir finden, dass es in den sinnlich wahrnehmbaren Dingen eine Ordnung von Wirkursachen gibt. Aber wird nicht gefunden und ist auch nicht möglich, dass etwas die Wirkursache seiner selbst ist. Denn das wäre es früher als es selbst, und das ist unmöglich. [...] Wenn es nichts Erstes bei den Wirkursachen gibt, wird es auch nichts letztes und nichts Mittleres geben. Aber wenn in den Wirkursachen ins Unendliche gegangen wird, wird es keine erste Wirkursache geben. Und so wird es keine letzte Wirkung geben, mittlere Wirkursachen. Was offensichtlich falsch ist. [...].

Übersetzer: Matthias Perkams