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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat 22, 27

Original:

Augustinus über die Übereinstimmungen und Unterschiede von philosophischer und christlicher Seelenlehre
[1] Singuli quaedam dixerunt Plato atque Porphyrius quae si inter se communicare potuissent, facti essent fortasse Christiani. Plato dixit sine corporibus animas in aeternum esse non posse. Ideo enim dixit etiam sapientum animas post quamlibet longum tempus, tamen ad corpora redituras. Porphyrius autem dixit animam purgatissimam, cum redierit ad patrem, ad haec mala mundi numquam esse redituram.
[2] Ac per hoc, quod verum vidit Plato, si dedisset Porphyrio, etiam iustorum atque sapientum purgatissimas animas ad humana corpora redituras; rursus quod verum vidit Porphyrius, dedisset Platoni, numquam redituras ad miserias corruptibilis corporis animas sanctas; ut non singuli haec singula, sed ambo et singuli utrumque dicerent: puto quod viderent esse iam consequens, ut et redirent animae ad corpora et talia reciperent corpora, in quibus beate atque immortaliter viverent.

Quelle: Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat /De civitate dei 22, 27.
Edition: De civitate dei: Sancti Aurelii Augustini De civitate dei libri. Ad fidem quartae editionis Teubnerianae quam a. 1927–1928 curaverunt G. Dombart / A. Kalb paucis emendatis mutatis additis. Tomus 1–2 (CCL 47–48), Turnhout 1955.

Auslegung:

Dieses Zitat aus dem letzten Buch des „Gottesstaats“ zeigt den trickreichen Umgang des Augustinus mit seinen philosophischen Vorlagen. Er lehnt diese nicht rundweg ab, sondern liest sie in einer Weise, die letztlich auf die christliche Vorstellung hinauslaufen soll, die Seelen der (guten) Verstorbenen würden nach der Auferstehung in unzerstörbaren Körpern ewig leben. Das erreicht er, indem er Aussagen Platons mit solchen des Platonikers Porphyrios kombiniert: Während Platon mit seiner Wiedergeburtslehre die Rückkehr in irgendwelche Körper vertreten habe, habe Porphyrios gesehen, dass diese Körper nicht vergänglich sein dürften. Beides zusammen, suggeriert Augustinus seinen Leserinnen und Lesern, würde letztlich auf die christliche Auferstehungslehre führen, zu der er insoweit auch eine nichtchristlichen Leser einlädt.

Themen:

  • Apologetik
  • Auferstehung
  • Christentum und Philosophie
  • Platon
  • Porphyrios
  • Seele
  • Seelenwanderung

[1] Einzeln haben Platon und Porphyrios einiges gesagt, durch das sie, wenn sie sich untereinander hätten austauschen können, wohl Christen geworden wären. Platon sagte, die Seelen könnten nicht ewig ohne Körper bestehen. Daher sagte er, auch die Seelen der Weisen würden nach einer beliebig langen Zeit doch zu den Körpern zurückkehren. Porphyrios aber sagte, die allergereinigeste Seele werde, nachdem sie zum Vater zurückgekehrt sei, niemals zu diesen Übeln der Welt zurückkehren.
[2] Aber wenn Platon das, was er an Wahrem schaute, dem Porphyrios mitgeteilt hätte, dass auch die allergereinigtesten Seelen der Gerechten und Weisen zu menschlichen Körpern zurückkehren würden; und wenn wiederum Porphyrios Platon das Wahre, was er sah, mitgeteilt hätte, dass nämlich die heiligen Seelen niemals in das Elend eines vergänglichen Körpers zurückkehrten, so dass nicht jeder dies Einzelne, sondern beide auch einzeln beides sagen würden – dann, glaube ich, sähen sie bereits die Konsequenz, dass die Seelen sowohl zu den Körpern zurückkehrten als auch solche Körper erhielten, in denen sie glückselig und ewig leben könnten.

Übersetzer: Matthias Perkams