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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Gregor von Nyssa: Über die Seele und die Auferstehung S. 28

Original:

Gregors/Makrinas Argument für die Unsterblichkeit der Seele
[1] Ὑπειλήφαμεν δὲ τὸ εἶναι αὐτὴν καθ’ ἑαυτὴν ἐν ἐξηλλαγμένῃ τε καὶ ἰδιαζούσῃ φύσει, παρὰ τὴν σωματικὴν παχυμέρειαν.
[2] Ὡς γὰρ πάντα τὸν κόσμον διὰ τῆς αἰσθητικῆς ἀντιλήψεως ἐπιγινώσκοντες, δι’ αὐτῆς τῆς κατὰ τὴν αἴσθησιν ἡμῶν ἐνεργείας εἰς τὴν τοῦ ὑπὲρ αἴσθησιν πράγματος καὶ νοήματος ἔννοιαν ὁδηγούμεθα, καὶ γίνεται ἡμῖν ὁ ὀφθαλμὸς ἑρμηνεὺς τῆς παντοδυνάμου σοφίας, τῆς τῷ παντὶ μὲν ἐνθεωρουμένης [...]·
[3] οὕτω καὶ πρὸς τὸν ἐν ἡμῖν βλέποντες κόσμον, οὐ μικρὰς ἔχομεν ἀφορμὰς πρὸς τὸ διὰ τῶν φαινομένων καὶ τοῦ κεκρυμμένου καταστοχάσασθαι. Κέκρυπται δὲ ἐκεῖνο, ὃ ἐφ’ ἑαυτοῦ, ὂν νοητόν τε καὶ ἀειδὲς διαφεύγει τὴν αἰσθητικὴν κατανόησιν.

Quelle: Gregor von Nyssa: Über die Seele und die Auferstehung /Περὶ ψυχῆς καὶ ἀναστάσεως /De anima et resurrectione (anim. et res.) S. 28.
Edition: Migne

Auslegung:

Hier zieht Makrina einige Folgerungen für die Unsterblichkeit der Seele aus der Lehre vom Mikrokosmos und Makrokosmos (vgl. Zitat Nummer 919). Die Anwendung dieser Lehre ist durchaus originell. Grundlegend ist der unter den Kirchenvätern verbreitete Gedanke, dass die sinnlich wahrnehmbare Welt so interpretiert werden muss, dass man aus ihr auf Gott als ihren Schöpfer zurückschließen kann [2]. Ebenso, meint Makrina, könnten wir in aus einem Blick auf die körperlichen Bilder in unserer Seele auf deren geistige Ideen schließen, die durch ihre Ewigkeit, so darf man ergänzen, die Ewigkeit der Seele selbst nahelegen.

Themen:

  • Tod und Sterben
  • Christentum und Philosophie
  • Frauen in der Philosophie
  • Kappadokier
  • Mikrokosmos/Makrokosmos
  • Seele
  • Unsterblichkeit der Seele

[1] Wir haben aber angenommen, sie (= die Seele) bestehe für sich selbst in einer abgehobenen und eigentümlichen Natur neben der körperlichen Schwerfälligkeit.
[2] Es ist so, wie wenn wir den ganzen Kosmos durch die sinnliche Wahrnehmung erkennen und durch genau diese Aktivität der Wahrnehmung zur Einsicht in die Tatsache [= die Idee] und das Denken jenseits der Sinneswahrnehmung geführt werden: Das Auge wird uns zum Erklärer der mit vielen Vermögen versehenen Weisheit [Gottes], die durch das All eingesehen wird. [...]
[3] Genauso haben wir, wenn wir auf den Kosmos in uns blicken, keine geringen Anregungen dazu, um durch das Erscheinende auch das Verborgene aufzufinden. Verborgen ist aber das, was, da es in sich selbst geistig und ohne Gestalt ist, die sinnliche Auffassung flieht.

Übersetzer: N.N.